DIE KRISE VON MERCEDES GEFÄHRDET DEN STANDORT DEUTSCHLAND
: Mörderischer Ruf

Verblasste der Stern von Mercedes, wäre das eine echte Katastrophe für die deutsche Exportwirtschaft. DaimlerChrysler gehört zu den wenigen profitablen Weltkonzernen mit Stammsitz in Deutschland, die noch das Fähnlein der ökonomischen Potenz dieses Landes hochhalten. Eines Landes, das noch zu den „großen Sieben“ der Welt zählt. Der Mercedes steht auf dem globalen Markt nach wie vor für die Legende von der Zuverlässigkeit technischer Produkte „made in Germany“. Keine Frage: Auch der Maschinenbau genießt Weltruf. Doch im Bewusstsein der Verbraucher haben solche Botschaften keine Wirkung.

Konzernboss Jürgen Schrempp, den Branchenkritiker für einen notorischen „Gesundbeter“ halten, trägt also mehr Verantwortung als nur für sein Unternehmen. Sein Verhalten beeinflusst die gesamte Exportwirtschaft und damit auch den Bestand der ohnehin weniger gewordenen Arbeitsplätze in Deutschland.

Was in der Welt zählt, ist der gute Ruf. Und der ist gehörig in Gefahr. Ein paar Beispiele: Aktuell hat der Konzern rund 1,3 Millionen Fahrzeuge der Marke Mercedes fast aller Klassen der Baujahre 2001 bis 2004 wegen Defekten an diversen Teilen in die Werkstätten zurückgerufen. Schon 2004 gab es zwei Rückrufaktionen. In den USA ist DaimlerChrysler Teil einer Klagegemeinschaft gegen ein verschärftes Abgasgesetz in Kalifornien, erlassen von Gouverneur Arnold Schwarzenegger.

Daheim hat Schrempp die Rußfilterdebatte zunächst glatt verschlafen. Der Benz mit Dieselmotor also eine Dreckschleuder? Leider. Die französische Konkurrenz von Peugeot und Renault ist da schon zwei Jahre weiter. Vorgänge, die auch umweltbewusste Konsumenten hier und in Übersee in Rage bringen.

Der Konzern muss jetzt jede Chance nutzen, seinen Ruf zu verbessern – vor allem den seiner Premiummarke Mercedes. Gelingt dies nicht, geht nicht nur die Automobilbaubranche in Deutschland ganz schweren Zeiten entgegen. „Made in Germany“, das war dann einmal ein Gütesiegel. Endgültig. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT