Auf der Überholspur

NAHVERKEHR Hochbahn-Chef Elste setzt nach dem politisch gewollten Aus für die Stadtbahn auf mehr und schnellere Busse. Bis 2020 werden Passagierzuwächse von rund 100 Millionen Fahrgästen erwartet

„Die Hochbahn nimmt Fahrgäste auf wie ein trockener Schwamm“

GÜNTER ELSTE, HOCHBAHN-CHEF

Günter Elste ist zufrieden. Im sechsten Jahr in Folge hätten die Busse und U-Bahnen der Hansestadt einen Passagierzuwachs von mehr als zwei Prozent erzielt, verkündete der Chef der Hamburger Hochbahn (HHA) am Donnerstag. „Mindestens 422 Millionen Fahrgäste“ seien im abgelaufenen Jahr 2011 befördert worden, die genauen Zahlen liegen erst in einigen Monaten vor.

2008 hatte die Hochbahn erstmals die Marke von 400 Millionen Passagierfahrten überschritten und weiter kontinuierlich gesteigert. Gestiegene Energiepreise, wachsendes Klimabewusstsein und größere Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs seien die Hauptgründe, so Elste: „Wir nehmen Fahrgäste auf wie ein trockener Schwamm.“ Seit 2005 sind die Beförderungszahlen in Bussen und U-Bahnen um gut 14 Prozent gestiegen, im Bundesdurchschnitt waren es lediglich etwa fünf Prozent.

Für 2020 liege die Zielmarke mit 530 Millionen Passagieren um weitere 100 Millionen höher, sagte Elste. Um das bewältigen zu können, setzt er auf den Ausbau des Busverkehrs. 249 Millionen Euro will der Hamburger Senat in den nächsten Jahren investieren, um bis 2020 das von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) angekündigte „modernste Bussystem Europas zu schaffen“. Das soll die ursprünglich geplante Stadtbahn ersetzen, die dem SPD-Senat mit Gesamtkosten von etwa einer Milliarde Euro zu teuer ist.

Neue Busspuren etwa auf der Stresemannstraße oder auf dem Ring 2 zwischen Altona und Eppendorf kann Elste sich vorstellen. „Ganz ohne Einschränkungen für das Auto wird das nicht gehen“, stellte er klar. Zusammen mit Ampelvorrangschaltungen für Busse auf den Hauptverkehrsstraßen könnten Kapazitätszuwächse von „20 Prozent und mehr erzielt werden“, sagte der Hochbahn-Chef. Damit aber würden nach den Passagierprognosen bereits in etwa zehn Jahren die Grenzen erreicht sein.

Das 50 Kilometer lange Stadtbahnnetz sollte die Beförderungskapazitäten verdreifachen. Ob jetzt eine Viertelmilliarde für plus 20 Prozent besser angelegtes Geld sei als der vierfache Betrag für den zehnfachen Effekt, ließ Elste offen. „Der politische Wille ist so. Wir als städtisches Unternehmen sind daran gebunden.“ SVEN-MICHAEL VEIT