Lebenslänglich

Man geht wieder gern in den Zoo. Um kuschelige Tierbabys zu gucken und überhaupt ein wenig Exotik zu sehen. Ein Ausflugsziel. Die Stuttgarter Wilhelma zum Beispiel, die stellvertretend für jeden Zoo in Deutschland stehen könnte. Dann geht man wieder heim. Und die Tiere müssen bleiben. Ihnen winkt bestenfalls ein Leben im goldenen Käfig

von Chris Grodotzki (Text und Fotos)

Ein Leben hinter Gittern – die schwerste Strafe, die in unserer Gesellschaft für einen Menschen vorgesehen ist. Für Zehntausende Tiere ist es Normalität. Sie leben in Zoos und Tierparks als Anschauungsobjekte und unfreiwillige Entertainer einer naturfremden, urbanisierten Menschheit.

Dank dem Hype um kuschelige Tierbabys wie den Eisbären Knut, Flocke oder Wilbär und Fernsehserien wie „Elefant, Tiger & Co“ ist das Interesse an Zoos in den letzten Jahren wieder stark gestiegen. Für die Besucher sind Zoologische Gärten und Tierparks ein unterhaltsames Ausflugsziel mit exotischem Touch. Für Elefant, Tiger & Co hingegen ist das Leben im Zoo weniger unterhaltsam.

Sie verbringen ihr Leben hinter Glas und Gittern. Ein Leben, das von der Natur ihrer Spezies kaum weiter entfernt sein könnte. Aus der grünen Tiefe der afrikanischen oder indonesischen Urwälder in „artgerecht“ gekachelte und mit Edelstahlspielgeräten versehene Lebensräume: Ob unsere nächsten Verwandten hier glücklich werden? Wo soll ein Orang-Utan sich ein Nest in luftiger Höhe bauen, wenn nach oben nur knappe vier Meter Platz sind? Wie soll ein Eisbär, der in der Natur ein riesiges Territorium für sich beansprucht, seinen Bewegungsdrang in einem Gehege von wenigen Quadratmetern stillen?

In dieser unnatürlichen, auf Besucherattraktivität ausgelegten Umgebung etwas über das Wesen, gar das natürliche Verhalten der Bewohner erfahren zu wollen, ist, mit etwas Abstand betrachtet, absurd. Kaum ein Tier kann im Zoo seinen natürlichen Habitus ausleben. Im Gegenteil, manche zeigen sogar schwere Verhaltensstörungen.

Und der Artenschutz? Diese große, ehrenvolle Aufgabe der Zoos entpuppt sich bei genauerem Hinsehen eher als Imagepolitur: Ausgewildert wird selten – eher werden überschüssige Tiere untereinander oder gar an Tierhändler verscherbelt.

So bleibt vom Sinn und Zweck des Zoos nur der Unterhaltungswert übrig. Während Tierversuchslabore, Massentierhaltung oder Zirkusse mit Wildtieren oft im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit stehen, genießen Tiergärten einen glänzenden Ruf als Tier- und Artenschützer. Doch hinter den schön bemalten Wänden der pseudonatürlichen Biotope bröckelt die Fassade. Zootiere, und ganz besonders die Publikumslieblinge Elefant, Tiger & Co, fristen ein Leben im goldenen Käfig – ohne Chance auf Bewährung.