Kartenstreit im Kaff

Wenn sich Ordner und Fans in der Vierten Liga zanken. Im Dörfchen Freialdenhoven wird daraus eine offizielle Sache

FREIALDENHOVEN taz ■ Ende März. Ein Spieltag in der Fußball-Oberliga Nordrhein. Borussia Freialdenhoven, ein Dorfclub im rheinischen Braunkohlerevier bei Aachen, empfing den ETB Schwarz-Weiß Essen. ETB-Fan Peter Wingen wollte das Spiel auf dem platten Land ebenfalls besuchen. Doch am Kassenhäuschen gab es Ärger. „Das war total lächerlich“, erinnert sich Wingen. Die Kassierer hätten seine Gästefreikarte nicht anerkannt.

Wingen stritt deswegen mit den Ordnern, ärgerte sich und kaufte dann ein neues Ticket. ETB verlor 2:5 gegen Borussia. Weil es danach ebenfalls zu Unstimmigkeiten am Imbissstand kam und der Ausflug ins Stadion an der Ederener Straße auch sonst wenig Spaß machte, ließ sich Wingen im Internet („Vierte-liga.de“) über die Visite aus. „Wer hat eigentlich die Witzfigur an die Kasse gestellt“, schrieb er. Und weiter: „Auch an der Bude wurden wir abgezogen.“

An dieser Stelle könnte die kleine Geschichte enden. Doch der SC Borussia 1912 Freialdenhoven (elffacher Kreispokalsieger und seit dem Jahr 2000 viertklassig) lässt nicht mit sich spaßen. In einem hochoffiziösen Statement unter der Überschrift „Fair bleiben“ reagierte der Verein. Punkt 1 der Mitteilung: „Bei uns in Freialdenhoven stehen weder Witzfiguren an der Kasse noch sonst wo.“ Unter der Ziffer 6 heißt es: „An unserer Verkaufseinrichtung (Cafeteria) ist noch nie jemand abgezogen worden, noch wird dies in Zukunft unsere Absicht sein. Im Gegenteil, sehr häufig hören wir Komplimente für eine freundliche Bedienung und einen hervorragenden Kuchen.“ Nach dem Verweis zum „hervorragenden Kuchen“ wird Wingen „unflätiges Verhalten“ vorgeworfen. Unterzeichnet ist die Mitteilung von Borussia-Geschäftsführer Lothar Offermanns. Unflätiges Verhalten? Gegenüber Freialdenhovens Stadionsprecher sollen angeblich die Worte „Arschloch“ und „Nutte“ gefallen sein, heißt es aus gut unterrichteten Viertligakreisen. Wingen: „Natürlich habe ich das gesagt, aber nicht zu dem.“

„Wir sind ein ganz kleiner Ort“, sagt der Freialdenhovener Offermanns zur taz. Man habe keine Probleme mit gegnerischen Fans, aber im konkreten Fall sei man gezwungen gewesen, einiges klarzustellen. „In Freialdenhoven herrscht Recht und Ordnung“, so der Geschäftsführer.

Oberliga-Spielleiter Rolf Thiel aus Köln wusste auf Anfrage nichts von dem Scharmützel. Aber die Episode ist wohl kein Einzelfall. „In manchen Stadien der Oberliga kann man nichts anderes, als sich tierisch aufzuregen“, sagt ein Fan des FC Kleve. Zoff um Ticketpreise, überforderte Ordner, hinzu kommt im Unterschied zur Bundesliga der Ausschank alkoholhaltigen Biers – in den Unterklassen gibt es oft Streit. In Oberhausen-Osterfeld verlangten Ordner bei der Ticketkontrolle ebenfalls im Jahr 2003 schon mal Ausweise, die auch für 2004 Gültigkeit besitzen müssten. Im Februar 2003 wurden Fans des Spiels Solingen gegen Freialdenhoven von Ordnern mit Schäferhunden nach Waffen durchsucht. „Wie Sträflinge in einem Hochsicherheitstrakt“ habe man sich vorkommen müssen, schrieb damals die Süddeutsche. MARTIN TEIGELER