Bittere Spar-Pillen für die Ressorts

Kultur soll 2006 mit 9,7 Millionen Euro bluten, Bildung/Wissenschaft mit 14 Millionen – hinter den Kulissen streitet die Koalition um die weiteren Haushaltsplanungen. Internes Gutachten formuliert die bitteren Konsequenzen der „Haushaltsnotlage“

bremen taz ■ Es ist verdächtig ruhig geworden in der Bremischen Senatspolitik. Hinter den Kulissen wird dafür umso kräftiger verhandelt. Gestern haben die Staatsräte stundenlang getagt, um die Eckwerte für die Haushalte 2006/2007 festzulegen. Am kommenden Dienstag soll dann versucht werden, die geplanten Investitionen kräftig zusammenzustreichen. Und gleichzeitig gibt es einen handfesten Streit mit dem Haushalts- und Finanzausschuss – schon über den Nachtragshaushalt für 2005.

Für die Eckwerte 2006 der Ressorts gibt es bisher nur einen Vorschlag des Ressorts von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos): Mit 9,7 Millionen Euro soll das Kulturressort kräftig abspecken, das Sozialressort soll fünf Millionen Euro sparen, bei den Sozialleistungen soll es 2006 mit rund 20 Millionen Euro weniger auskommen als im Jahr 2005. Das Bildungs- und Wissenschaftsressort von Willi Lemke (SPD) ist mit minus 14 Millionen dabei, Jens Eckhoffs (CDU) Bau- und Umweltressort mit einer ähnlich hohen Summe. Dabei wissen die Ressorts heute nicht einmal, wie sie mit den niedrigeren Eckwerten des laufenden Jahres 2005 auskommen sollen.

Solange die Investitionssummen noch nicht verteilt sind, gibt es für einige noch Hoffnungen. Der Kulturbereich setzt darauf, möglichst viel der 60 Millionen Euro aus dem Topf „Kulturhauptstadt“ retten zu können. Mit dem Geld könnte manches im normalen Haushalt gerissene Loch vorübergehend gestopft werden. Haushaltsrechtlich geht das aber nicht, darauf insistiert der Rechnungshof.

Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, die Grüne Karoline Linnert, hat Mitte März eine Expertise beim Wissenschaftlichen Dienst der Bürgerschaft in Auftrag gegeben zu der Frage, was die Urteile des Berliner und des niedersächsischen Staatsgerichtshofes zum Thema Haushaltsnotlage für Bremen konkret bedeuten. „Wir wollen doch möglicherweise in Karlsruhe klagen“, begründet Linnert ihr Vorgehen – wer das wolle, müsse jetzt die akzeptierten Rechtsnormen einhalten.

Und die sind sehr eng, hat die Expertise aus dem Haus der Bürgerschaft klargestellt. Wenn der Haushaltsgesetzgeber sich auf eine „extreme Haushaltsnotlage“ berufe und Kredite für laufende Ausgaben beschließe, dann erfordere das „die detaillierte Darlegung im Rahmen eines schlüssigen Sanierungskonzeptes, dass im Haushaltsplan veranschlagte Ausgaben zwingend erforderlich sind“. Geldausgaben für „Aufgaben, die bundes- oder landesrechtlich nicht notwendig sind“, seien generell nicht zulässig. Solange diese Auflagen für den Haushalt 2005 nicht erfüllt sind, so die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, könne der Nachtragshaushalt nicht beschlossen werden. Der für den 18. April ins Auge gefasste Termin sei damit hinfällig, heißt es im Finanzressort.

Aber auch für die drängenden Investitionen gelten diese besonderen Rechtfertigungsgründe, sagen die Richter: Es dürfen Kredite nur für Investitionen beschlossen werden, die „für die Abmilderung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes unabdingbar sind“. Ist das bei den Subventionen für den Anbau der Kunsthalle oder das Visionarum wirklich der Fall? Oder bei den Geldern für die Kulturhauptstadt-Projekte? Alles Kredite, die sich an diesen Kriterien messen lassen müssen.

Wenn die große Koalition die eindeutigen juristischen Auflagen der Staatsgerichtshöfe aber nicht ernst nimmt und gleichzeitig weitere Sanierungsansprüche an den Bund formuliert, so sagt Linnert, „dann macht Bremen sich zum Gespött.“

Klaus Wolschner