Die Allianz formiert sich

Wäre Beckenbauer der falsche Uefa-Präsident? Wie das EU-Parlament Cohn-Bendits Allianz gegen Franz diskutiert

Fußball ist ein sensibles Thema. Erst recht, wenn es um Franz Beckenbauer geht. Das muss derzeit auch der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit erfahren. Mit seiner „Allianz gegen Franz“ sorgt der Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brüsseler Europaparlament für heftigste Diskussionen. Cohn-Bendit hat eine Initiative für Michel Platini und gegen Franz Beckenbauer als Uefa-Präsident gestartet: „Michel Platini ist der richtige Kandidat. Beckenbauer wäre ein Skandal.“

Recht hat er, sagt Jean-Luc Bennhamias, EU-Abgeordneter aus Frankreich. „Platini steht für eine unbedingt notwendige Verbindung zwischen Amateur- und Profisport. Beckenbauer ist in den letzten Jahren viel zu sehr Manager und Werbeträger geworden“, findet der Grünen-Abgeordnete. Und selbstverständlich sei das EU-Parlament der richtige Ort, um über solche Themen zu reden, meint Bennhamias. Martin Schulz, deutscher Fraktionsvorsitzender der Sozialisten, hatte sich nämlich beschwert, Cohn-Bendit sollte sich lieber mit „ernsthaften europäischen Themen“ beschäftigen. „Das ist es doch“, meint Bennhamias. Es gehe hier schließlich nicht einfach nur um eine Personalentscheidung, sondern um die gesamte Struktur des Sports. „Einige wollen in Europa eine geschlossene Profiliga aufbauen, in der sich dann immer wieder die gleichen Spitzenclubs begegnen. Das wird mit Platini nicht passieren.“

Platini ist für den Franzosen der Inbegriff des fairen Sportlers. „Er hat den französischen Sport erst zum Leben erweckt“, meint Benhammias. Irgendwie scheint Platini einigen Parlamentariern sowieso sympathischer zu sein als der Deutsche. „Beckenbauer ist zwar auch ganz gut, aber ich bin ein großer Fan von Platini. Der wäre schon perfekt als Uefa-Präsident“, outet sich Umberto Guidoni von den italienischen Kommunisten. Und Joost Lagendijk, ein grüner Abgeordneter aus den Niederlanden, bekommt ganz leuchtende Augen, wenn er von Platini spricht: „Als Spieler mag ich ihn wirklich viel lieber als Beckenbauer. Sicherlich ist der Franzose auch kein Engel, aber Beckenbauer ist schon sehr am kommerziellen Teil des Fußballs interessiert. Das gefällt mir gar nicht.“

Nur von deutscher Seite gibt es eine eindeutige Allianz pro Franz – auch im Europaparlament. Elmar Brok von der CDU will Beckenbauer als Uefa-Präsident haben, und der CSU-Abgeordnete Markus Ferber auch: „Natürlich bin ich für Franz. Das bin ich ihm als Bayer schuldig.“ Für seinen Kollegen von der SPD, Garrelt Duin, ist die Kritik von Cohn-Bendit ein typisches Vorurteil: „Den Franzosen traut man einfach eher zu, dass sie das Gute und Schöne verteidigen. Das ist doch Blödsinn. Beim Fußball geht es einfach ums Geld.“

Einen ersten persönlichen Erfolg konnte der Chef der Allianz gegen Franz schon am Mittwochabend verbuchen: Zu seiner großen Genugtuung hatte Beckenbauers FC Bayern da gerade beim FC Chelsea 2:4 verloren. Als Daniel Cohn-Bendit das Endergebnis des Champions-League-Viertelfinalhinspiels bei einem Abendessen im EU-Parlament erfuhr, strahlte er. RUTH REICHSTEIN