REISEN ZWISCHEN INDIEN UND PAKISTAN FÖRDERN DIE ANNÄHERUNG
: Busse für den Frieden

Vor sechs Jahren hatte sich der indische Premierminister Vajpayee in einen Bus gesetzt und war nach Lahore gefahren. Er wollte dem Nachbarn und der Welt zeigen, dass die neuen Atomstaaten Indien und Pakistan zum Frieden fähig waren. Am Donnerstag wurde ein weiteres Kapitel der Annäherung zwischen den beiden historischen Feinden begonnen. Diesmal war es die Waffenstillstandslinie in Kaschmir, die sich zum ersten Mal nach beinahe sechzig Jahren für Busse öffnete.

Es ist kein Mauerfall. Die Öffnung ist nicht größer als ein Spalt, denn die Busfahrt wird zunächst nur alle zwei Wochen möglich sein, und das Anmeldungsprozedere ist ein diplomatisch-bürokratischer Hürdenlauf. Zudem lässt sich gerade im indischen Streckenabschnitt die Strecke nicht vollständig sichern, jeder Bus ist eine mögliche Zielscheibe. Dennoch zeigt der Blick nach Lahore, wie wichtig solche Symbole sind. Die Busfahrten nach Lahore sind wichtig geworden für die Annäherungspolitik. Die Sitze sind Monate vorher ausgebucht, die Linien-Frequenz wird ständig erhöht. Von einigen Dutzend hat sich die Zahl der Besucher des Nachbarlandes auf viele tausend erhöht.

Die Buslinie hat sogar den dramatischen Zusammenbruch der bilateralen Beziehungen überlebt, als der damalige General Musharraf seine Soldaten ein halbes Jahr nach der Lahore-Fahrt indisches Gebiet besetzen ließ. Doch al-Qaida und zwei Attentatsversuche durch radikale Islamisten haben den Heißsporn aus Islamabad zur Besinnung gebracht. Er weiß heute, dass die eigenen Freiheitskämpfer rasch zu Terroristen mutieren können. In Lahore hatte er sich noch geweigert, dem prominenten Passagier aus Delhi die Hand zu schütteln. Diesmal war er es, der die Öffnung der Busroute gegen den Willen vieler seiner Generäle durchsetzte. Indien beeilte sich, diesen Sinneswandel zu honorieren. Als Premierminister Manmohan Singh am Donnerstag den Bus auf seine Jungfernfahrt schickte, sprach er nicht über den Selbstmordanschlag vom Vortag, sondern vom Mut des Generals, der „Friedenskarawane“ die Tür zu öffnen.

BERNARD IMHASLY