Gratispillen für kranke Kinder

Politiker wollen die Gesundheitsreform noch mal reformieren und Jugendliche besser stellen. Finanzierung unklar

BERLIN taz ■ Die Krankenkassen sollen künftig wieder rezeptfreie Medikamente für Jugendliche bis 17 Jahren erstatten. Fraktionspolitiker von Union, FDP und den Grünen verlangen, die im Herbst 2003 von Regierung und Opposition gemeinsam verabschiedete Gesundheitsreform entsprechend zu ändern. Das Bundesgesundheitsministerium erhebt dagegen Bedenken – unter anderem wegen der Kosten.

Nach Ansicht des Unions-Gesundheitsexperten Wolfgang Zöller hat sich gezeigt, dass sich die Herausnahme rezeptfreier Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung negativ auf den Gesundheitszustand von Kindern auswirkt. Einkommensschwache Familien mit chronisch kranken Kindern seien mit den Zahlungen teilweise überfordert, sagte er der Financial Times Deutschland. Auch die Gesundheitsexpertin der Grünen, Birgitt Bender, hält eine solche Änderung für sinnvoll. Der FDP-Gesundheitsexperte Dieter Thomae nannte es falsch, die Verschreibungspflicht zum Kriterium für die Aufnahme in den Leistungskatalog zu machen.

In der SPD hält man sich bei dem Thema zurück. Entgegen anderslautenden Berichten habe sich bislang niemand von der SPD für eine Korrektur der Gesundheitsreform ausgesprochen, hieß es gestern aus der Fraktion. „Das Thema steht auch im Moment eigentlich nicht auf der Tagesordnung“, sagte eine Sprecherin.

Nach Berechnungen der Krankenkassen würden die von den Experten geforderten Änderungen jährlich 150 bis 200 Millionen Euro kosten. Für das Bundesgesundheitsministerium ist das ein wichtiges Gegenargument. Wer das Gesetz jetzt ändern wolle, müsse auch sagen, wie er das finanzieren wolle, sagte eine Ministeriumssprecherin: „Wer jetzt so tut, als ob die Altersgrenze für die Kostenerstattung für rezeptfreie Medikamente bei 12 Jahren liegt, der kennt das Gesetz nicht.“ Denn schon jetzt seien Ausnahmen, etwa für entwicklungsgeschädigte Kinder bis 17 Jahre, vorgesehen, so die Sprecherin.

Unionspolitiker Zöller hält seinen Vorschlag dagegen für problemlos finanzierbar. „Dadurch, dass Patienten rezeptfreie Medikamente aus eigener Tasche bezahlen müssen, wurden schon jetzt mehr als eine Milliarde Euro eingespart“, sagte Zöller der taz. Dieses Geld solle nun der Gesundheit der Kinder zugute kommen. PHILIPP DUDEK