MARCEL KUYPERS, MEERESCHEMIKER
: Der aus grauer Vorzeit lernt

■ ist von Hause aus Chemiker; von der Untersuchung kreidezeitlicher Ölschiefer kam er zur Meeresforschung.

Foto: MPI

Dass uns die Tiefen der Ozeane fast so unbekannt sind wie der Weltraum, ist durch den Bestseller „Der Schwarm“ weithin bekannt. Marcel Kuypers könnte zum Personal dieses Thrillers gehören. Im vergangenen Jahr haben er und seine KollegInnen auf dem Meeresgrund vor Namibia eine Wolke aus schwefelwasserstoffhaltigem Wasser entdeckt, dreimal so groß wie Luxemburg. Das stinkende Faulgas drang aus dem Meeresboden und hätte fatale Folgen für die Fische im Atlantik haben können – wenn es nicht Bakterien gäbe, die den Schwefelwasserstoff mit Hilfe von Stickstoffoxid (NO3) in ungiftigen Schwefel umwandeln.

Kuypers leitet seit 2005 eine Arbeitsgruppe am Bremer Max-Planck-Institut (MPI), die über den Stickstoff und dessen Verbindungen in den Weltmeeren forscht. Weil die Entdeckung der schwefelfressenden Bakterien nur einer von vielen Erfolgen des 39-jährigen Wissenschaftlers ist, hat ihn das Bremer MPI zum neuen Direktor seines Instituts für Marine Mikrobiologie ernannt.

Zu den Algen und zum Stickstoff kam der Niederländer auf einem Umweg über die Kreidezeit. Er habe schon als Jugendlicher Fossilien gesammelt – eine Leidenschaft, der er heute noch frönen würde, wenn er die Zeit hätte. Statt Geowissenschaften studierte er der besseren Berufsaussichten wegen Chemie, arbeitete nach seinem Master-Abschluss aber erst mal ein Jahr im Naturhistorischen Museum von Maastricht – der Gegend, wo er seine Fossilien aus dem kreidezeitlichen Gestein geklopft hatte.

Mit seiner Dissertation an der Universität Utrecht verband er zum ersten Mal die Chemie und sein Hobby: Kuypers untersuchte, wie die großen Ölvorkommen in der Mittleren Kreidezeit entstanden sind. Er stieß dabei auf Widersprüche zwischen den Verhältnissen heute und vor 100 Millionen Jahren.

Die jüngste Entdeckung, die daraus hervorging, ist die Anaeorobe Ammoniak-Oxidation. Kuypers und sein Team wiesen nach, dass es in sauerstoffarmen Meeren Bakterien gibt, die Ammoniak in Stickstoffgas umwandeln, das in die Atmosphäre entweicht. So verlieren die Meere einen Nährstoff, den Algen benötigen, um zu wachsen und CO2 zu binden. KNÖ