Das Revier wohnt zur Miete

Mietwohnungen im Ruhrgebiet haben Zukunft, müssen aber modernisiert werden. Das fordert der Grüne Thomas Rommelspacher. Wohnungen dürften nicht zu Spekulationsobjekten verkommen

VON HOLGER PAULER

Der Wohnungsmarkt im Ruhrgebiet muss attraktiver werden. Dieser Überzeugung ist Thomas Rommelspacher, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. Der designierte Planungsdezernent des Regionalverbandes Ruhr (RVR) fordert ein Umdenken: „Langfristig muss es darum gehen, Wohnungen den Bedürfnissen der Mieter anzupassen.“ Momentan werde der Markt „von zwei Seiten in die Zange genommen“. Auf der einen Seite gebe es massive Leerstände im Bereich der Sozialwohnungen, andererseits gebe es zu wenig attraktive Angebote für kinderreiche Familien.

Im Stadtgebiet Essen stehen zehn Prozent der Mietwohnungen leer. Im sozial schwachen Essener Norden liegt der Anteil bei über 20 Prozent. „Die kleinen Träger von Mietwohnungen gehen insolvent“, sagt Rommelspacher. Zehn Wohnungsunternehmen, mit Ausnahme der Viterra, arbeiten mit der Stadt Essen zusammen, um das vom Land geförderte Projekt „Stadtumbau West“ zu realisieren. Dabei geht vor allem darum, den demografischen und strukturellen Wandel aufzufangen. „Dies wird das Thema der nächsten Jahre“, glaubt Rommelspacher „das Ruhrgebiet wird dabei zum Vorreiter für andere Regionen.“

Bundesweit sind etliche Mietwohnungen in öffentlicher Hand. Langfristig wird auch hier die Privatisierung nicht aufzuhalten sein. Die zunehmende Privatisierung des Wohnungsmarktes im Ruhrgebiet hat bei den Mietern für Verunsicherung gesorgt. In den letzten Jahren wechselten im Revier über 100.000 Wohnungen den Besitzer. Die großen Gesellschafter Viterra, Gagfah, RAG Immobilien, entledigten sich ihrer Bestände. Andere wollen folgen. Die Landesentwicklungsgesellschaft plant, einen Teil ihrer 110.000 Wohnungen zu privatisieren. Auch Viterra sucht Abnehmer für rund 80.000 Mietwohnungen im Ruhrgebiet. Das Land NRW hat einen Verhaltenskodex verabschiedet, wonach bei den Privatisierungen, „die Rechte der Mieter, auch über das gesetzlich definierte Mindestmaß hinaus“, zu schützen seien.

Gerade wenn es um kurzfristige Engagements der Investoren geht, wachsen die Bedenken. „Einigen Investments geht es nur um den Profit“, befürchtet Rommelspacher. Ihr Engagement ist oft nur auf wenige Jahre angelegt. Wohnungen werden zum Spekulationsobjekt. Mietwohnungen werden in Eigentum umgewandelt. Eine Entwicklung, die allerdings an den Bedürfnissen der Menschen vorbei geht. „70 Prozent der Mieter, die das Ruhrgebiet verlassen, wollen wieder in eine Mietwohnung ziehen“, sagt Rommelpacher.

Die Wohnungsbaugesellschaften erwarten ein Entgegenkommen der Kommunen. „Wir haben als ehemals gemeinnütziges Wohnungsunternehmen erhebliche Steuerprobleme“, sagt Udo Bachmann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Essener Wohnungsunternehmens Gagfah. Bachmann wünscht sich Steuerentlastungen für sein Unternehmen. Der Schlüssel heißt REIT. Der „Real Estate Investment Trust“ ermöglicht Unternehmen, die 75 Prozent ihres Vermögens in Immobilien investiert haben, steuerfreie Unternehmensgewinne – wenn der Großteil des Ertrages an die Anteilseigner ausgeschüttet wird. Steuern muss der Aktionär von seiner Dividende entrichten. Die Gagfah will bis 2007 an die Börse.

Die Gagfah wurde im vergangenen Jahr vom amerikanischen Pensionsfonds Fortress übernommen. Auf das Bundesgebiet verteilt besitzt sie 82.000 Wohnungen. Der Bestand soll in den nächsten Jahren auf 100.000 aufgestockt werden. Für Mieter über 60 Jahren ist ein lebenslanges Wohnrecht garantiert. Jüngere Mieter, die bereits vor dem 1. Oktober 2004 in die Gagfah-Wohnungen eingezogen sind, können sich zumindest auf ein Wohnrecht über zehn Jahre freuen. Weitere Regelungen werden von den Mietervereinen gefordert, um das Wohnen attraktiver und sicherer zu machen.