Wo auch die Seele wohnt

Schritt für Schritt zum „maßgeschneiderten Zuhause“: Die Gestaltung der eigenen vier Wände ist ein langwieriger und sehr persönlicher Prozess, sagt Innenarchitekt Thomas Dietrich

von Kirsten Poneß

Eine schmuddelige Abstellkammer mutiert zum indisch angehauchten Entspannungsraum, ein trostloser Flur erstrahlt in frühlingshaftem Grün. Doku-Soaps, in denen Küchen, Kinderzimmer oder auch komplette Wohnungen von Grund auf verändert werden, haben Konjunktur. Kein Wunder: Für immerhin 78 Prozent der Deutschen, das ergab eine Umfrage der F&S Internet Infotainment GmbH, ist der Stellenwert der persönlichen Wohnungseinrichtung „bedeutender“ geworden.

Doch was in solchen Sendungen in einer halben Stunde zusammengefasst und den Bewohnern gerne als Überraschung präsentiert wird, ist in der Realität ein langwieriger Prozess, sagt Thomas Dietrich. Und ein sehr persönlicher. Deshalb nimmt sich der Innenarchitekt immer viel Zeit für seine Kunden, egal, ob es sich bei dem zu gestaltenden Objekt um eine Einzimmerwohnung handelt oder um ein Haus mit 300 Quadratmetern. Auch auf die Größe des Geldbeutels kommt es nicht unbedingt an: „Man kann alles machen für jedes Budget“, sagt Dietrich.

Der 39-Jährige bezeichnet sich als „Vermittler zwischen Form und technischer Umsetzung“. Dabei geht es nicht um seinen eigenen Stil, an erster Stelle stehen die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden. Um die optimale Lösung für eine Raumgestaltung zu finden, muss Dietrich daher den Stil des Kunden erkennen, muss sich in ihn „wie ein Schauspieler“ hineinversetzen.

Intensive Gespräche über die Lebensgewohnheiten gehören dazu. Wenn die Bewohner beispielsweise nicht zur gleichen Zeit frühstücken, erzählt Dietrich, dann achte er bei der Küchengestaltung unter anderem auch darauf, dass die Kaffeemaschine so platziert ist, dass „der Lärm beim Schaummachen“ den Längerschläfer nicht weckt. Einem anderen Klienten, dem, wie sich herausstellte, der Blick in den Spiegel weit weniger wichtig war als eine schöne Aussicht, stellte er den Waschbeckenblock vors Badezimmerfenster, „damit er beim Zähneputzen ins Grüne gucken“ kann.

„Über viele Dinge, die ich erfrage, haben sich die Bewohner vorher noch nie Gedanken gemacht“, sagt Dietrich, der sich Schritt für Schritt an die Wünsche seiner Auftraggeber herantastet. „Das kostet Zeit, aber nachher hat der Kunde ein maßgeschneidertes Zuhause.“

Und er sollte wissen, wie viel er wofür bezahlt hat. Denn der diplomierte Innenarchitekt, der vor seinem Studium eine Tischlerlehre absolvierte, koordiniert die Handwerker, überwacht den Zeitplan und prüft die Qualität der Arbeiten. „Ich muss mich darum kümmern, dass wir günstig einkaufen“, erzählt Dietrich. „Dann fahre ich hin und schaue mir die Werkstatt an. Wenn der Werkzeugkasten sauber ist, dann weiß ich, dass gut gearbeitet wird.“

Auch wenn Dietrich seinen eigenen Geschmack hintenanstellt, Gestaltungshilfe wird von seinen Kunden gewünscht und auch gewährt. „Früher gab es deutlichere Trends, denen man auch allgemein gefolgt ist“, sagt er, „heute kann man mehrere Möglichkeiten verfolgen.“ Weil da die richtige Wahl oft schwer fällt, bietet der Fachmann Orientierungshilfe in Form von Zeichnungen, Skizzen oder „Arbeitsmodellen in Puppenstubengröße“. Anhand von Materialmustern, manchmal auch durch den Besuch im Fachgeschäft, werden Textur und Farbe von Stoffen und Teppichen bestimmt. Dietrichs Tipp: „Teppiche sollte man sich zu verschiedenen Tageszeiten ansehen. Kunstlicht oder ein bedeckter Himmel lassen die Farben anders erscheinen als strahlende Sonne.“

Die meisten seiner Kunden setzen mehr auf Haltbarkeit und Neutralität als auf „modern und trendy“. Für Dietrich kein Problem. Wichtig sei, dass sich der Mensch in seinen eigenen vier Wänden wohl fühlt, sagt er und weiß sich mit dem Schweizer Wohnpsychologen Alfred Lang einig. Der warnte schon vor zehn Jahren: „Wehe, wenn die Wohnung nicht zur Seele passt!“

Thomas Dietrich, ☎ 44 75 51, mail@thomasdietrich.com