Mühlenberger Beschwerde

Vor gut drei Jahren wurde mit der Zerstörung des Süßwasserwatts vor dem Airbus-Werk begonnen. Die Natur sei unzureichend kompensiert worden, findet der BUND. Er will, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleitet

von Gernot Knödler

Der Umweltverband BUND hat bei der EU-Kommission in Brüssel eine Beschwerde gegen Deutschland eingelegt, weil Hamburg die Zerstörung des Mühlenberger Lochs zugunsten von Airbus nur unzureichend ausgeglichen habe. Fünf Jahre, nachdem der Planfeststellungsbeschluss für das Zuschütten des ökologisch bedeutenden Süßwasserwatts gefasst worden ist, und gut drei Jahre nach Baubeginn drohe die einzige realisierte Ausgleichsmaßnahme zu scheitern. Das zweite wichtige Projekt sei gerichtlich gestoppt und das dritte komme nicht voran. „Mit einer Ausnahme sind alle Ausgleichsmaßnahmen planfestgestellt“, teilt dagegen die Wirtschaftsbehörde mit.

Als Kompensation für die neue Airbus-Werkshalbinsel im Mühlenberger Loch hat sich die Stadt zu Ausgleichsmaßnahmen für 100 Millionen Euro verpflichtet. Am teuersten ist das Abbaggern von zwei Dritteln der Elbinsel Hahnöfersand, auf denen zwei künstliche Süßwasserwattflächen entstehen sollen. Die eine Fläche ist fertig, die andere soll im Januar 2006 Krickente, Löffelente und Schierlings-Wasserfenchel zur Verfügung stehen – den Arten, deren Lebensraum beschnitten wurde.

Doch das neue Watt auf Hahnöfersand droht zu verlanden. Die Flachwasserzonen, die die Löffelente zum Gründeln braucht, sind klein. Auf zehn Prozent der Fläche wächst mannshohes Weidengebüsch. „Wenn es Anlass gibt zum Einschreiten, werden wir einschreiten“, sagt Clemens Finkbeiner-Dege von der Realisierungsgesellschaft (Rege), die im Auftrag des Senats die Ausgleichsmaßnahmen vornimmt. Die Experten, die für die Rege die Entwicklung des Watts überwachten, hätten aber bisher keinen Grund dazu gesehen. Die Natur arbeite eben nicht im Akkord.

Im Übrigen werde die Mindestanzahl rastender Löffelenten, die ein Areal zum international bedeutenden Feuchtgebiet machen, selbst im verkleinerten Mühlenberger Loch überschritten. Zusammen mit dem Bestand auf der neuen Wattfläche gebe es sogar mehr Vögel als vorher.

Der von der Rege bestellte Ornithologe Alexander Mitschke bestätigt diese Aussagen nur zum Teil. Insgesamt mehr Exemplare habe er von der Krickente gezählt. Der Bestand an Löffelenten liege zwar tatsächlich über der erwähnten Schwelle, sei aber in einer Größenordnung von 60 Prozent zurückgegangen. Insgesamt entwickle sich das neue Süßwasserwatt nicht ganz so wie gewünscht. Noch könne aber nicht davon gesprochen werden, dass diese Ausgleichsmaßnahme zu scheitern drohe.

Ein weiteres Kompensationsprojekt, die Öffnung der Haseldorfer Marsch für die Tideelbe, ist dagegen auf Antrag von BUND und Nabu in Schleswig-Holstein im Eilverfahren vom Verwaltungsgericht Schleswig gestoppt worden. Das Areal, das heute schon ein europäisches Naturschutzgebiet ist, sei nicht aufwertungsbedürftig und wohl auch nicht aufwertungsfähig. „Seither lehnt man sich bei der Rege und der Wirtschaftsbehörde zurück“, kritisiert Manfred Braasch vom BUND Hamburg.

Stimmt nicht, sagt Finkbeiner-Dege. „Wir bereiten uns mit unseren Anwälten und Gutachtern im Detail auf das Hauptverfahren vor.“ Dazu seien auch Schriftsätze mit dem Verwaltungsgericht gewechselt worden.

Beim Ausgleich in der Hörner Au schließlich, der vom BUND ebenfalls bemängelt wurde, habe die Rege ihren Teil erledigt. Für die weitere Entwicklung zum Feuchtbiotop seien die Partner Hamburgs in Schleswig-Holstein zuständig.