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: Aktenvermerk: „Homosexuell“ – Die Stasi und die Schwulen

Das Thema mag gestrig scheinen – zumal der Diskurs über den realen Sozialismus aktuell weniger im Vordergrund steht: Was zählt in diesen Tagen, 60 Jahre nach Kriegsende, ist alles, was den Nationalsozialismus anbetrifft.

Freilich heißt der mediale Hype demnächst: die Stunde Null – und die beiden deutschen Staaten. Im Hinblick auf Homosexuelle heißt das: In der DDR wurde der § 175 in seiner Nazifassung – eine tausendfach tödliche Strafverfolgung gegen „warme Brüder“ – viel früher aus dem Strafgesetzgebuch getilgt als in der BRD. Und doch waren Homosexuelle im Arbeiter-und-Bauern-Staat weiterhin kriminalisierbar. Und nützlich für die Staatssicherheit obendrein: Günter Grau, Historiker, Sexualwissenschaftler, geboren in der DDR, ein Kenner ohnegleichen, berichtet Sonntag im Mann-O-Meter bei der Maneo Matinee über die Rolle von Schwulen für das Spitzel- und Aufklärungswerk der realsozialistischen Staatssicherheit – es war eine Rolle, in der kalkuliert war, dass die meisten Schwulen nach wie vor sich erpressbar fühlten und es ja auch häufig waren. Sein Panorama aus einer untergegangenen Gesellschaft zeigt aber auch, wie subversiv Schwule in der DDR ihr Leben lebten – oft auch an der Stasi und ihren Begehrlichkeiten vorbei.

Maneo Matinee mit der taz: 10. April, 13 Uhr, Mann-O-Meter, Bülowstr. 106