Warten auf Big Bang

Das neue Kommunikationssystem der Polizei erweist sich als störanfällig. Richtig kritisch wird es aber, wenn das alte System ganz verschwindet

VON OTTO DIEDERICHS

Vor einer Woche hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) noch von einem „neuen Informationszeitalter für die Berliner Polizei“ gesprochen. Doch lange hat die Freude über den neuen Zentralcomputer Poliks (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung) nicht gehalten. Schon wenige Tage nach dem Start kam es zu „technischen Problemen“, wie es offiziell heißt.

Im Klartext bedeutet dies, dass Datenabfragen nicht wie versprochen in Sekundenschnelle erfolgen, sondern sich durchaus bis zu einer halben Stunde oder länger hinziehen können, sagen Polizisten. Insbesondere während der Zeit von 9 bis 15 Uhr gerieten die Rechner rasch an ihre Auslastungsgrenzen und stürzten ab. Das Hochfahren könne dann „mehrere Stunden“ dauern. Donnerstagnacht musste das etwa 73 Millionen Euro teure System dann teilweise abgeschaltet werden, um Hardware-Komponenten auszutauschen.

Offenbar „weiß aber niemand so genau, wo der Fehler eigentlich liegt“, sagt ein Ermittler. Für ihre Fahndungsabfragen müssen die Beamten also häufig wieder auf das alte „Informationssystem Verbrechensbekämpfung“ (ISVB) zurückgreifen. Dieses Mitte der 70er-Jahre errichtete Elektronengehirn sollte Poliks eigentlich ablösen. Seit Anfang 2000 wurde daran gearbeitet, rund 8.200 PC-Arbeitsplätze für die etwa 15.000 Berliner Polizisten und Polizistinnen wurden installiert.

Ursprünglich sollte Poliks schon im Januar 2004 starten. Doch hausgemachte technische Schwierigkeiten, Finanzprobleme und nicht zuletzt die Stümperei beim Aufbau des neuen Inpol-Zentralcomputers beim Bundeskriminalamt (BKA) hatten das Projekt immer wieder verzögert.

Für Lutz Hansen, den Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), handelt es sich denn auch um mehr als nur die üblichen Kinderkrankheiten bei der Einführung neuer Systeme. „Ich fürchte, das Problem ist ernster“, sagt er. „Alles viel zu kompliziert und nicht bedienerfreundlich.“ Auf die derzeitigen technischen Probleme habe man schon während des seit September 2004 laufenden Probebetriebes hingewiesen, heißt es beim Gesamtpersonalrat der Polizei, während man im Polizeipräsidium meint, „trotz aller Vorsichtsmaßnahmen“ seien die Schwierigkeiten „nicht vorauszusehen“ gewesen.

Bis zum Jahresende muss das alte ISVB zusätzlich zu Poliks denn auch am Netz bleiben. Wird es dann abgeschaltet, kommt der kritische Moment: die so genannte Big-Bang-Situation. Schief gehen darf dann nichts mehr, denn nach 48 Stunden ist ein Zurückschalten auf das alte System nicht mehr möglich.