Die Staubsauger des Senats sind gründlich

Mit 21 Messstationen ermitteln Forscher ständig die Luftqualität in der Stadt. Die Blechcontainer messen viel mehr als nur die Feinstaub-Konzentration. Sie an den richtigen Ort zu stellen, ist aber eine Wissenschaft für sich

Für die Luftgüteprofis der Stadtentwicklungsverwaltung ist Feinstaub ein alter Bekannter. Das Berliner Luftgüte-Messnetz (Blume) beobachtet bereits seit 1975, wie viel Dreck in der hiesigen Luft herumschwirrt. In der Stadt sind 21 Messstationen verteilt, die auch den jetzt heiß diskutierten Feinstaub PM 10 systematisch erfassen.

Wo eine Kommune eine Station wie platziert, hat erheblichen Einfluss darauf, ob sie die EU-Richtlinie bricht oder nicht. Einfach gesagt: Stehen alle Stationen in ruhigen Wohngebieten, gibt es offiziell kein Feinstaubproblem. „Berlin misst auch dort, wo maximale Werte zu erwarten sind“, sagt Heike Kaupp, bei der Stadtentwicklungsverwaltung zuständig für Luftgütemessung. Fünf Stationen stehen an viel befahrenen Straßen. Das sind die Stadtautobahn und der Hardenbergplatz (jeweils Charlottenburg), die Schildhornstraße (Steglitz), sowie Karl-Marx- und Silbersteinstraße (jeweils Neukölln).

Diese Partikelfänger stehen also dort, wo’s besonders dreckig zugeht – und zeichnen naturgemäß Spitzenwerte auf. Die anderen Stationen sind so verteilt, dass sie ein möglichst genaues Bild der Schadstoffverteilung zeichnen können. Zehn Messcontainer ermitteln in Wohn- und Gewerbegebieten die Belastung, die für die meisten BerlinerInnen repräsentativ ist. Fünf Stationen am Stadtrand und im Wald erfassen, wie viel Staub aus dem Umland in die Stadt geweht wird. Der letzte Messcontainer steht in Industrienähe.

Die richtige Platzierung der Stationen vor Ort ist eine Wissenschaft für sich. Zunächst müssen die Fachleute Anwohner und Geschäftsleute vom Nutzen der wenig repräsentativen Container auf den Bürgersteigen überzeugen. In der Karl-Marx-Straße steht er zum Beispiel neben den Neukölln Arcaden, vor einer Bankfiliale – und zwar auf dem westlichen Bürgersteig.

„In unserer Region kommt der Wind meist aus Westen. Wenn er über die Hauskante streicht, bildet sich dahinter eine Luftwalze, die den Staub zur Messstation drückt“, erklärt Hans-Jürgen Abraham, ebenfalls Luftgütefachmann der Stadtentwicklungsverwaltung. Auf dem östlichen Bürgersteig würde die Station im Schnitt geringere Feinstaubwerte messen. Auch in Wohngebieten, wo Straßenverkehr kaum eine Rolle spielt, muss die Station richtig stehen – nah wachsende Pflanzen filtern zum Beispiel Staub aus der Luft.

Die Stationen saugen 2,3 Kubikmeter Luft pro Stunde durch ein Rohr an, ein Filter lässt nur PM-10-Staub durch, also Partikel mit einer Größe von 10 Mikrometern. Sie bleiben dann in einem Filterband aus Glasfaser hängen. Es wird mit Betastrahlen durchleuchtet – je weniger durchkommen, desto mehr Staub ist in der Luft.

Neben Feinstaub haben die Container gleich mehrere Schadstoffe im Blick: Sie messen auch Stickoxid, die Hälfte von ihnen kann Kohlenmonoxid und Schwefeldioxid ermitteln, einige auch Ozon. Die Senatsverwaltung veröffentlicht die Daten täglich im Internet unter www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/luftqualitaet. ULRICH SCHULTE