Mauerkreuze müssen weg

Das Landgericht ordnet die Räumung des umstrittenen Mauermahnmals am Checkpoint Charlie an. Die Bagger werden aber so bald nicht anrollen. Die Initiatorin Hildebrandt kündigt Berufung an

von TINA HÜTTL

Vor der schweren Eisentür des Berliner Landgerichts lauert ein einsamer Kämpfer für das gerechte Gedenken, der ein vergilbtes Plakat in die Luft hebt: „Die Mauerkreuze müssen bleiben“, steht darauf. Nach heutigem Urteil der 29. Kammer in Sachen „Bankaktiengesellschaft (BAG) Hamm gegen Arbeitsgemeinschaft 13. August“ müssen sie jedoch weg. Bleiben werden sie vorerst aber doch, verkündete zumindest die Verliererin Alexandra Hildebrandt nach dem Prozess selbstbewusst.

Die Chefin des Museums am Checkpoint Charlie und Vorsitzende der „Arbeitsgemeinschaft 13. August“ betrat den bis zum letzten Stuhl gefüllten Saal 143 des Landgerichts ohne ihren Anwalt. Ob er noch komme, wurde sie von der Richterin Regina Johansson gefragt. Hildebrandt wusste es selbst nicht so genau. Also eröffnete die Richterin die Verhandlung ohne deren Anwalt Christoph Lehmann, dessen Anreise sich bei dem kurzen Prozess auch kaum gelohnt hätte. Nicht einmal eine Minute brauchte die Richterin für die Urteilsverlesung, die keine Begründung enthielt: Sie gab der Räumungsklage der BAG Hamm als Grundstücksbesitzerin statt. Hildebrandt muss damit die Grundstücke an der Friedrichstraße räumen, auf denen sie eine private Gedenkinstallation mit 1.065 Holzkreuzen und einem Stück Mauer errichten ließ. Zudem trägt sie die Prozesskosten.

Hintergrund des Gerichtsstreits ist, dass die Bank der Museumschefin das am Checkpoint Charlie gelegene Grundstück nur bis Ende 2004 verpachtet hatte. Als die sich Anfang 2005 weigerte, ihr privates Mauermahnmal abzubauen und das Gelände zu räumen, reichte die BAG Klage gegen sie ein. Eine gütliche Einigung war Mitte März gescheitert.

Die Initiatorin der umstritten Gedenkinstallation nahm die Worte der Richterin mit einem Lächeln entgegen, das sich sichtlich vergrößerte, als die Richterin zum letzten Punkt des Urteils kam: Festgelegt wurde, dass die Bank 320.000 Euro hinterlegen muss, wenn sie das Mahnmal vor einer rechtskräftigen Entscheidung abräumen lässt.

Sie selbst denke nicht daran, die Mauer und Holzkreuze in den nächsten Tagen abzubauen, verkündete Hildebrandt in die vor dem Saal wartenden Fernsehkameras. „Nur weil eine juristische Entscheidung gefallen ist, werde ich die Verantwortung für den Checkpoint Charlie nicht abgeben“, sagte sie. Zugleich kündigte sie an, in Berufung zu gehen. Parallel zum Gerichtsstreit setze sie jedoch auf Gespräche mit der Bank, da sie die Grundstücke kaufen wolle. Dies hatte Hildebrandt allerdings schon im letzten Herbst verlauten lassen –ohne die BAG von ihrer Räumungsklage abzubringen.

Dass nun der Senat und der Bund mit den Eigentümern über einen Kauf der Fläche verhandeln müsse, forderte der Berliner CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer. Er will die Mauerkreuze erhalten und fordert einen zentralen Gedenkort. Den Checkpoint Charlie in ein Mauergedenkkonzept einzubeziehen, wünscht auch Kultursenator Thomas Flierl (PDS) – allerdings nicht in der Hildebrandt’schen Version. Flierl, der seine Vorschläge am 18. April vorstellt, sagte, das Urteil bestätige die Position des Senats, dass es sich um ein temporäres Kunstwerk handele. Es sei das „falsche Denkmal am falschen Ort“.