Anschlag auf Ägyptens Reformfrühling

Nagelbombe in Kairo tötet drei Menschen, darunter zwei Touristen. Täter unbekannt. Es ist der erste Angriff auf westliche Urlauber in Ägypten seit 1997. Ein Opfer dürfte auch die Forderung nach Lockerung der polizeistaatlichen Überwachung sein

AUS KAIRO KARIM EL-GAWHARY

Der genaue Hintergrund eines Anschlags auf Touristen in Kairo, der sich am Donnerstagabend im Basar Khan al-Khalili ereignete, bleibt weiterhin unklar. Nachdem gestern früh ein US-Amerikaner seinen Verletzungen erlag, stieg die Zahl der Todesopfer auf drei. Schon unmittelbar nach dem Attentat waren die Leichen einer französischen Touristin sowie eines Mannes gefunden worden, bei dem es sich nach Angaben der ägyptischen Polizei möglicherweise um den Täter handelte. Weitere 18 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt.

Augenzeugen berichten von einem Motorradfahrer, der eine Bombe auf eine Gruppe von Touristen geworfen habe. „Ich habe einen großen, lauten Knall gehört, alles begann zu laufen, und dann sah ich wie ein abgerissener Kopf durch die Luft flog“, erzählt Rabab Rifaat, die einige Meter entfernt in einem Laden einkaufen war. Inoffiziell heißt es, dass es sich bei der Bombe um einen selbst gebastelten, mit Nägeln durchsetzten Sprengsatz gehandelt haben soll. Offizielle Angaben gibt es nicht.

Letzten Oktober waren bei Anschlägen auf mehrere Hotels auf der ägyptischen Halbinsel Sinai 34 Menschen umgekommen. Die Gewalt richtete sich damals allerdings nicht gegen Touristen generell, sondern speziell gegen Israelis, die in Ägypten Urlaub machten. Die letzten Attentate auf Ägyptentouristen allgemein liegen mehr als sieben Jahre zurück. Im September 1997 griffen bewaffnete Männer einen Touristenbus vor dem ägyptischen Museum in Kairo an; dabei kamen zehn Menschen ums Leben, meist Deutsche. Einen Monat darauf erschossen militante Islamisten 58 Touristen vor einem pharaonischen Tempel im südägyptischen Luxor.

Leitet das Attentat vom Donnerstag nun eine neue Gewaltwelle gegen Ausländer ein? Der Hauptgrund, warum die Anschlagswelle der Neunzigerjahre beendet werden konnte, lag nicht nur in strengeren Sicherheitsmaßnahmen. Die militanten Islamisten hatten sich mit den Anschlägen auf Ausländer selbst geschadet. Denn in Ägypten hängt jeder zehnte Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Die militanten Islamisten hatten sich also mit dem Massaker von Luxor vollkommen politisch isoliert. Wenig später signalisierten die beiden großen militanten Gruppierungen Gamaa Islamija und Dschihad al-Islami ein Ende der Gewalt. Tausende inhaftierte Islamisten wurde freigelassen, und im Land am Nil ist es seither tatsächlich ruhig geblieben. Letztes Jahr schrieb Ägypten Rekordzahlen im Tourismus: Fast eine Million Deutsche haben dem Land 2004 einen Besuch abgestattet.

Zu dem neuen Anschlag hat sich bisher niemand bekannt, und die Behörden haben keinerlei Angaben über den Hintergrund des Täters gemacht. „Vielleicht handelt es sich um eine neue Generation militanter Islamisten, die sowohl den Sicherheitskräften als auch den Medien und Sicherheitsexperten bisher unbekannt ist“, spekuliert Ahmad al-Massalamani von der staatlichen Tageszeitung al-Ahram. Andere deuten auf eine mögliche Al-Qaida-Verbindung, allerdings ohne jeglichen Anhaltspunkt.

Neben der Angst, dass der Touristenstrom nun erneut versiegen könnte, plagt die Ägypter nach dem Anschlag eine weitere Sorge. In den letzten Monaten hatten in Kairo immer mehr Menschen für eine Demokratisierung und eine Aufhebung des seit Jahrzehnten geltenden Ausnahmezustands demonstriert. Die hunderte von Polizisten, die seit Donnerstagabend in der Altstadt Kairos an jeder Ecke stehen, lassen die Erfüllung dieser Forderung erneut in weite Ferne rücken.