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: Rover-Konkurs in Blairs Wahlkampf

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MG Rover, der letzte britische Autobauer, hat gestern Antrag auf Konkurs gestellt. Damit gehen 6.100 Arbeitsplätze im Werk Longbridge bei Birmingham verloren, mindestens 12.000 weitere Jobs in der Gegend sind ebenfalls gefährdet. Mehr als 75 Zulieferbetriebe haben in letzter Zeit die Zusammenarbeit mit Rover eingestellt, weil sie nicht bezahlt worden sind oder nicht damit rechneten, für weitere Lieferungen Geld zu bekommen. Rover, das im Besitz des Phoenix-Konsortiums ist, musste deshalb am Donnerstag die Produktion einstellen.

Für Premierminister Tony Blair kommt der Rover-Zusammenbruch zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Er hatte am Dienstag den 5. Mai als Termin für die Parlamentswahlen verkündet. Der Untergang von Rover zum Wahlkampfauftakt könnte Stimmverluste einbringen. In der Umgebung von Birmingham liegen zahlreiche Wahlkreise, in denen Labour nur einen knappen Vorsprung vor den Tories hat. Am gefährdetsten ist die deutschstämmige Abgeordnete Gisela Stuart in Edgbaston, die bei den letzten Wahlen nur mit 4.700 Stimmen vorn lag.

Handelsministerin Patricia Hewitt hat den Rover-Arbeitern und ihren Familien ihr Beileid ausgesprochen und angekündigt, 40 Millionen Pfund bereitzustellen. Die gehen jedoch vor allem an die Zulieferbetriebe, um ihnen die Chance zur Diversifizierung zu geben. Die von Rover geforderten 100 Millionen Überbrückungskredit gewährte Hewitt nicht. Dieser Kredit wäre sinnvoll gewesen, wenn die Verhandlungen mit der chinesischen Shanghai Automotive Industrie Corp (SAIC) über eine Kooperation erfolgreich gewesen wären. Das chinesische Unternehmen nahm am Donnerstag jedoch Abstand von dem Geschäft, weil es befürchtete, für Rovers Verbindlichkeiten wie Renten und Abfindungen verantwortlich gemacht zu werden, sollte Rover trotz der Kooperation mit SAIC in Konkurs gehen.

Tony Woodley, Generalsekretär der Transportarbeitergewerkschaft, sagte, er werde gemeinsam mit der Regierung versuchen, so viel wie möglich von der Automobilproduktion in Longbridge zu retten. Er fügte hinzu, dass die Regierung alles zur Rettung von Rover versucht habe. „Tony Blair hat neulich 25 Minuten lang mit dem chinesischen Premierminister telefoniert, um eine Lösung zu finden“, sagte Woodley. Malcolm Bruce, Wirtschaftsexperte der Liberalen Demokraten, beschuldigte die Regierung dagegen, die vergangenen Jahre verschlafen zu haben. RALF SOTSCHECK