Flughafen-Attentäter soll lebenslang ins Gefängnis

PLÄDOYER Bundesanwaltschaft fordert Höchststrafe für Todesschüsse auf US-Soldaten in Frankfurt

BERLIN taz | Am Ende wird es im Prozess gegen den Flughafenattentäter von Frankfurt wohl nur noch um eine Frage gehen: Wird das Gericht Arid U. wegen Doppelmordes nicht nur zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilen, sondern darüber hinaus die „besondere Schwere der Schuld“ feststellen? Das würde seine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren so gut wie ausschließen.

Genau das hat die Bundesanwaltschaft am Montag in ihrem Plädoyer beantragt. Sie wirft dem 21-Jährigen ein äußerst grausames Vorgehen bei dem Attentat vor. Am 2. März 2011 hatte Arid U. am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschossen und zwei weitere schwer verletzt. Die Gruppe von GIs stieg gerade in einen Bus, der sie zum Luftwaffenstützpunkt Ramstein bringen sollte, von wo aus es in den Afghanistankrieg gegangen wäre. Arid U.s Ziel sei es gewesen, eine größtmögliche Zahl von US-Soldaten zu töten, so die Bundesanwaltschaft. Nur eine Ladehemmung habe die Ermordung weiterer Menschen verhindert.

Die Tat gilt als erstes islamistisch motiviertes Attentat in Deutschland. Arid U. hatte sich fast ausschließlich über das Internet radikalisiert. Die Ermittler fanden auf seinem Computer, seinem Handy und seinem iPod Hunderte dschihadistische Texte, Videos und Lieder, darunter ein Buch des einstigen Bin-Laden-Mentors Abdallah Azzam und Vorträge des Dschihadpredigers Anwar al-Awlaki.

Kontakte zu einer Terrorgruppe hatte Arid U. allerdings nicht. Er besuchte jedoch Veranstaltungen eines islamistischen Predigers in einer Frankfurter Moschee, in die einst auch einer der im September 2007 aufgeflogenen „Sauerland-Attentäter“ ging. Die Ermittler halten aber die Propaganda in der virtuellen Welt für ausschlaggebend für die Fanatisierung des im Kosovo geborenen Frankfurters.

Konkreter Auslöser für die Tat im März des vergangenen Jahres soll ein Video gewesen sein, das sich Arid U. am Abend zuvor im Internet anschaute. Der kurze Clip zeigte die Vergewaltigung einer Muslimin durch US-Soldaten. Arid U. hielt die Szene für echt – dass sie aus einem Kinofilm stammte, wusste er nicht.

Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft verfolgte Arid U. am Montag weitgehend regungslos und mit gesenktem Kopf, auf das letzte Wort verzichtete er. Bereits am ersten Prozesstag im Sommer des vergangenen Jahres hatte er die Tat gestanden. „Ich habe an dem Tag geglaubt, dass ich das tun muss“, erklärte er damals mit stockender Stimme. „Ich verstehe heute selber nicht mehr, wie es so weit kommen konnte.“

Arid U.s Rechtsanwältin sagte in ihrem Plädoyer, ihr Mandant sei kein islamistischer Terrorist, sondern ein „junger Mensch, der Amok gelaufen ist“. Das Propagandavideo mit der Vergewaltigungsszene habe bei Arid U. auch deshalb so gewirkt, weil dieser selbst als Kind Opfer eines sexuellen Übergriffs geworden sei. „Er bereut aus tiefstem Herzen“, sagte sie und forderte, nicht die besondere Schwere der Schuld festzustellen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt wird für den 19. Januar erwartet. WOLF SCHMIDT