Kritik an Carstensen nimmt zu

SCHLESWIG-HOLSTEIN Nach dem Rauswurf der vier SPD-Minister häufen sich die Proteste. Grüne sehen darin einen Vertrauensbruch, die Lehrergewerkschaft findet das CDU-Vorgehen „unwürdig“

KIEL taz/dpa/ap | 24 Stunden gab Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) den vier SozialdemokratInnen der Kieler Regierung, um ihre Büros zu räumen. Ihre Ressorts übernehmen die Christdemokraten im Kabinett. Der Schritt sei ihm „wahrlich schwer gefallen“, sagte Carstensen und lobte alle vier Geschassten für die faire und gute Zusammenarbeit.

Der kalte Rausschmiss überraschte und verärgerte nicht nur die Sozialdemokraten: „Möglicherweise lernen wir jetzt die dunklen Seiten des Ministerpräsidenten kennen“, sagte der bisherige Arbeits- und Justizminister Uwe Döring (SPD). Er befürchte einen Wahlkampf voller persönlicher Angriffe. Der Grünen-Fraktionschef Karl-Martin Hentschel sagte: „Der Ministerpräsident bricht erneut ein Versprechen.“ Die Erziehungsgewerkschaft GEW nannte das Vorgehen „peinlich und unwürdig“. Carstensen erklärte, da die SPD ihn „in die Vertrauensfrage gezwungen“ habe, könne man nicht so tun, als sei nichts gewesen.

Der Landtag stimmt am Donnerstag über die Vertrauensfrage ab. Geht sie erwartungsgemäß verloren, ist der Weg für Neuwahlen frei. Dabei zeichnet sich eine Mehrheit für Schwarz-Gelb ab: 36 Prozent der Schleswig-Holsteiner würden laut einer aktuellen Infratest-Umfrage die CDU wählen, 15 Prozent die FDP. Die CDU verliert im Vergleich zur Wahl 2005 über 4 Prozentpunkte. Die SPD müsste einen Rückgang um 14 Punkte auf 24 Prozent hinnehmen. Die Grünen könnten auf 14 Prozent zulegen. Die Minderheitenvertretung SSW würde mit 3 Prozent in den Landtag einziehen, da sie nicht an die Fünfprozenthürde gebunden ist. Die Linke käme auf 5 Prozent – andere Stimmungsbilder zeigen sie unter dieser Hürde. Rechnerisch sind mehrere Koalitionen möglich, aber CDU und FDP haben einander als Wunschpartner benannt. EST

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