Die Leistung runtergefahren

Bayer Leverkusen verliert gegen Borussia Dortmund mit 0:1 und droht im Mittelmaß zu versinken. Zwischen den Verantwortlichen herrscht schlechte Stimmung. Der BVB blickt derweil nach oben

Fans und Umfeld erwarten eine nahtlose Fortsetzung der Erfolgsstory

AUS LEVERKUSEN ERIK EGGERS

Ein perfektes Timing sieht anders aus. Die Attribute „farbig und leistungsstark“ würden den Fußball Bayer Leverkusens auch in Zukunft kennzeichnen, hatte Klubchef Wolfgang Holzhäuser im Stadionheft vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund in der Rubrik „in eigener Sache“ geschrieben. Eine Ankündigung, die nach dem 0:1 (0:0) allerdings wie Satire wirkte. Nicht nur Hohn und Spott musste der Geschäftsführer nach dem Abpfiff ertragen. Ihm schlugen auch wütende „Holzhäuser Raus“-Rufe entgegen – und keineswegs nur vom Nordrang, wo die eingefleischten Fans stehen, sondern auch von den traditionellen eher verhaltenen Gästen auf der Haupttribüne. Grund war eine erbärmliche Leistung des Teams um Kapitän Carsten Ramelow; ganze drei Torchancen zierte am Ende das Protokoll, und angesichts der verheerenden Zweikampfbilanzen und einer in jeder Hinsicht kopflosen und verunsicherten Elf fühlte sich Trainer Klaus Augenthaler nicht zu Unrecht an jene Ruine von Fußballmannschaft erinnert, die im Sommer 2003 fast abgestiegen wäre.

Die Überzeugung Holzhäusers, dass Bayer 04 „nach wie vor in dem ehemals auch als Farbenstadt betitelten Leverkusen und weit darüber hinaus Farbe ins deutsche und auch internationale Fußballgeschehen bringen“ werde, ist jedenfalls in dieser Saison kaum noch zu verwirklichen. Zwar sind vier Punkte Rückstand auf Platz Fünf theoretisch immer noch aufzuholen, und außerdem „kann ja auch der sechste Platz für das internationale Geschäft reichen“, wie Sportdirektor Rudi Völler flugs ausgerechnet hatte. Doch nach dem schlechtesten Heimspiel der Saison dürfte diese Rechnung kaum aufgehen, denn mit kläglichen Auftritten wie diesem wird die Mannschaft auch beim nächsten Spiel in Freiburg nicht reüssieren.

Insofern dürfte sich die veritable Unruhe, die schon vor diesem Heimspiel den Klub unter dem Bayer-Kreuz ergriffen hatte, wahrscheinlich noch verstärken. Mit sichtlichem Genuss begleiteten die Balkenblätter Bild und Kölner Express bereits in der vergangenen Woche die offenkundigen Differenzen zwischen der Klubführung und dem Trainer, der nach der 0:1-Pleite in Bielefeld die Verpflichtung von so genannten „Führungsspielern“ gefordert hatte. „Nicht der Trainer entscheidet, welcher Spieler geholt wird. Das entscheidet die Geschäftsführung mit dem Sportdirektor und dem Sportkoordinator“, maßregelte Holzhäuser daraufhin öffentlich seinen Angestellten. Da sich der eigenwillige Augenthaler nur ungern den Mund verbieten lässt, heizt das aber wilde Spekulationen an. Eine Trennung nach der Saison sei nicht unwahrscheinlich, flüsterten einige Beobachter am Samstag in den Katakomben der Bayarena. Dabei ist der Vertrag Augenthalers erst vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Liverpool um ein Jahr bis 2006 verlängert worden.

Eine womöglich anstehende Trainerdiskussion wäre freilich nur das Symptom eines Problems, mit dem sich Geschäftsführer Holzhäuser noch länger wird auseinander setzen müssen. Einerseits fühlt er sich verpflichtet, den eingeschlagenen Konsolidierungskurs fortzuführen – immer wieder weist er stolz darauf hin, dass die Spieler-Gehälter in der Spielzeit 2006/07 nur die Hälfte derjenigen aus dem Jahr 2001/2002 betragen werden. Andererseits erwarten die Fans und das Umfeld trotz des zurückgeschraubten Etats eine nahtlose Fortsetzung der Erfolgsstory jener Ära, die ewig mit dem Namen des Ex-Managers Reiner Calmund assoziiert werden wird, der im Juni 2004 zurückgetreten war. Ein Unternehmen, das eine gewisse Aussichtslosigkeit in sich birgt. Holzhäuser jedenfalls sieht seine Arbeit in Leverkusen nicht ausreichend gewürdigt. Er könne nur schwer damit leben, „wenn bei einer Ergebnis-Krise gleich wieder von Bayer 04 als graue Maus die Rede ist“, ließ er Publikum und Presse via Stadionheft wissen. Vor den Anfeindungen durch Fans und Medien werden ihn versteckte Appelle dieser Qualität allerdings kaum schützen, sondern nur Eines: Erfolg.

Neue Tatkraft und eine Portion Glück sorgen hingegen bei der Krisen geschüttelten Borussia aus Dortmund für sportlichen Aufwind. „Ich wusste immer, dass wir ein größeres Potenzial haben, doch an so eine Dynamik habe ich nicht geglaubt“, freute sich Abwehrspieler Christoph Metzelder, dämpfte aber eine neue Europacup-Euphorie. „Nach allem, was im letzten Jahr passiert ist, wäre es eine Sensation, wenn wir in den UI-Cup kommen.“ Noch-Manager Michael Meier jedoch konnte das Träumen nicht lassen: „Ein UEFA-Cup-Platz ist denkbar. Die Voraussetzungen dafür haben wir geschaffen.“