der papst, der paisley und das brettspiel von RALF SOTSCHECK
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Er hatte ein gemischtes Wochenende: Ian Paisley, Nordirlands reaktionärer Protestantenpfarrer und Anführer der stärksten Partei, der „Democratic Unionist Party“, freute sich am Freitag, dass der Papst endlich unter der Erde war. Paisley hatte ihn einmal lauthals als „Antichristen“ beschimpft, als Johannes Paul II. im Europaparlament eine Rede hielt. Paisley, der selbst eine Art Papst der von ihm gegründeten Freien Presbyterianischen Kirche ist, wurde vom Sicherheitspersonal aus dem Saal gezerrt.

Nicht erfreut war Paisley über die Hochzeit seines künftigen Königspaares am Samstag. Zwei ältere Ehebrecher, beide zudem geschieden, verlangen einem aufrechten Unionisten, der einen Treueeid auf die britische Krone geschworen hat, einiges ab. Allerdings muss er Charles zugute halten, dass er seinen Erstgeborenen aus einer früheren Ehe William getauft hat.

Schließlich ist William of Orange der größte Held der nordirischen Protestanten, seit er 1690 seinen Schwiegervater, den Katholiken James II., in der Schlacht am Boyne nördlich von Dublin besiegt und dadurch die protestantische Thronfolge in Großbritannien gesichert hat. Nach ihm hat sich der Oranier-Orden benannt, der jedes Jahr rund 3.000 Paraden in Nordirland veranstaltet, bei denen die Ordensmitglieder festlich gekleidet mit orangenen Schärpen und schwarzen Bowlerhüten am liebsten durch katholische Viertel marschieren. Diese Bowlerhüte in Miniaturform sind die Spielsteine in einem Brettspiel, das von einem nordirischen Versöhnungsprojekt entwickelt worden ist und von Protestanten und Katholiken gemeinsam gespielt werden soll. Die Bowlerhütchen sind natürlich für die Protestanten, die Katholiken spielen mit Kleeblättern. „Us and Them“, also „Wir und die“, wird auf einem Spielbrett in der Form Nordirlands gespielt. Es ist eine Mischung aus Monopoly und Trivial Pursuit. Wer auf ein Fragefeld kommt, muss eine Karte nehmen – grüne für Protestanten und orangene für Katholiken. Ziel des Spiel ist es, dass die beiden Bevölkerungsgruppen etwas übereinander lernen. Deshalb haben die Erfinder tausend Spiele kostenlos an Schulen, Jugendclubs und Gemeindehallen verteilt. Ob „Us and Them“ tatsächlich das Verständnis füreinander weckt, ist bei solcher Art von Fragen zu bezweifeln: „Ist der Hund von Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams wirklich nach Irlands Freiheitskämpfer Wolfe Tone benannt?“ Maura Muldoon, die an der Entwicklung des Spiels mitgearbeitet hat, ist dennoch optimistisch. „Die Kinder aus protestantischen und katholischen Familien haben selten die Gelegenheit, ihre unterschiedlichen Identitäten zu diskutieren“, sagt sie. „Das Spiel soll ihnen etwas über die andere Bevölkerungsgruppe beibringen, ohne dass sie gleich übereinander herfallen.“

Zur Sicherheit, so heißt es in den Regeln, muss ein Moderator den Spielverlauf überwachen – vermutlich ein möglichst kräftiger Mensch, der bei Regelstreitigkeiten handfest schlichten kann. Sollte Ian Paisley einmal mitspielen, muss der Moderator bewaffnet sein. Denn eine der Fragen für Protestanten lautet: „Wer hat William of Oranges Krieg in Irland finanziert?“ Die korrekte Antwort: der Papst.