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15 Jahre Gehörlosenkino in Hamburg

„Das wird natürlich Diskussion geben“, weiß Sonja Roczek schon jetzt, wenn sie an die Filmpremieren von „Türkentaube“ und „Zimmer 67“ denkt: „Denn die Hauptdarstellerin in Zimmer 67 ist gar nicht gehörlos, sie spielt nur eine Gehörlose.“ – Und das wird bei der 15-jährigen Jubiläumsveranstaltung des Kinotreffs für Gehörlose, Schwerhörige und Hörende sicherlich ganz anders ankommen, als in Cannes, wo der Film auch schon – aber eben vor allem Hörenden – gezeigt wurde. „Da wird die Gehörlosigkeit eher als dramatischer Effekt genutzt. Dagegen ist ‚Türkentaube‘ ganz anders. Die Regisseurin ist CODA (hörendes Kind gehörloser Eltern) und die Produktion ist eine Gemeinschaftsarbeit zwischen Hörenden und Gehörlosen.“ Ins Leben gerufen wurde der Kinotreff, um Gehörlosen die Möglichkeit zu geben, ohne extra auffallen zu müssen, ins Kino zu gehen. Keine überforderten KinokassiererInnen, keine Schwierigkeiten an der Bar, keine bösen Überraschungen im Saal, weil Informationen untergegangen waren. „Ich arbeitete beim B-Movie und ich konnte Gebärdensprache“ – na also, schlussfolgerte Roczek. Einmal im Monat wurden Filme gezeigt – entweder mit Untertiteln, welche damals, bevor es DVDs gab, seltener waren als heute – oder mit Gebärdensprachdolmetschern. Filme, die entweder von Gehörlosigkeit handelten oder mit einer gehörlosen Haupt- bzw. Nebenfigur, wie bei „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Filme von Oskar Fischinger, die visuell Musik darstellten: als Form, Farbe und Bewegung. „Großen Spaß hatten wir mit ‚Der große Diktator‘, wo die Dolmetscherinnen den Sprachkauderwelsch von Charlie Chaplin in Gebärdenkuddelmuddel übertrugen.“ Der Kinotreff ist natürlich auch ein sozialer Treffpunkt – nicht nur für Gehörlose. Oft kommen Menschen ins B-Movie, ohne den Film, der gezeigt wird, überhaupt sehen zu wollen. Einfach nur, um sich zu unterhalten. Die Idee, dass das Publikum auch selbst gestalterisch tätig werden könnte; das Etablissement und die Veranstaltung für eigene Projekte, Filme oder Themen nutzen könnte, hat sich bisher nicht dauerhaft etabliert. Daher hat sich auch seit dem Frühjahr letzten Jahres der Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe geändert. Ab jetzt gibt’s ganz großes Kino: Premieren, Regisseure, was Besonderes. Und zwar nur noch alle drei Monate, am jeweils 2. Freitag des Monats. So also auch das Jubiläum am 13. Januar. Die Regisseure beider Filme werden anwesend sein, die Regisseure von „Türkentaube“, Ute Sybille Schmitz und Thomas Theo Hofmann, bringen auch ein paar Schauspieler und den gehörlosen Kameramann mit. Ein bisschen voll könnte es werden. Täglich bekommt Sonja Emails und Faxe, in denen Plätze reserviert werden. Sollte es zu voll werden, werden die Filme ganz einfach noch einmal um 22.00 Uhr gezeigt. Büffet gibt’s auch. Und natürlich Gespräch und Diskussion im Anschluss der Filme – mit Gebärdendolmetscherin: Alle sind willkommen! REBECCA CLARE SANGER Freitag, 13. 01. 2012 B-Movie, Brigittenstraße 5, Hinterhof Beginn 20 Uhr, Einlass 19 Uhr, Büffet und Eintritt: 5 Euro