OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Von der Ehekrise zum Animationsfilm: Die amerikanische Regisseurin Nina Paley, von ihrem beruflich in Indien weilenden Ehemann Dave schnöde per E-Mail verlassen, verarbeitet in „Sita Sings the Blues“ (2007) ihr eigenes Drama auf humorvolle Weise und verbindet es mit der Geschichte der indischen Göttin Sita, die ihrerseits in dem Epos Ramayana von ihrem Geliebten Rama überaus mies behandelt wird. Einer sehr reichen und fantasievoll ausgeschmückten Animation in den Indiensequenzen steht dabei ein sehr zurückgenommener simpler Zeichenstil in den persönlichen Szenen gegenüber. Dazu streiten drei moderne Inder in amüsanten Off-Kommentaren über die „wahre“ Geschichte von Sita, die ihren Gefühlen zudem durch die Bluessongs der amerikanischen Jazzsängerin Annette Henshaw Ausdruck verleiht. Vergnüglich in jeder Hinsicht. (29. 7. Bar 25 Open Air)

Der Gang der ebenso schönen wie enigmatischen Jeanne Moreau durch die Straßen und Bars des nächtlichen Paris: Das scheint die eigentliche Existenzberechtigung von Louis Malles erstem Spielfilm „Fahrstuhl zum Schafott“ (1958) zu sein, einem der ersten Filme, die man mit der Nouvelle Vague assoziierte. Das Handlungsgerüst weist nämlich deutlich zu viele Zufälle auf, als dass man es für wirklich glaubwürdig erachten mag: Julien (Maurice Ronet) erschießt den reichen Ehemann seiner Geliebten Florence (Jeanne Moreau), bleibt jedoch nach der Tat im Fahrstuhl stecken. Derweil klaut ihm ein jugendliches Pärchen sein Auto und ermordet mit Juliens bereits im Wagen befindlicher Pistole ein deutsches Touristenpaar, sodass Julien, als er endlich aus dem Fahrstuhl freikommt, schließlich für eine Tat verhaftet wird, die er nicht begangen hat. Interessanter als die Geschichte selbst ist, was Malle mit viel Stilwillen daraus gemacht hat. In drei parallel verlaufenden Erzählsträngen berichtet er von Juliens spannenden Versuchen, sich aus dem Fahrstuhl zu befreien, Florences Bemühungen, ihn zu Miles Davis’ Cool-Jazz-Klängen in Paris wiederzufinden, und den Erlebnissen des jungen Pärchens, das sich immer tiefer ins Verderben stürzt. Gemeinsam ist allen Strängen eine quasi-existenzialistische Grundstimmung, die die Verlorenheit der Figuren unterstreicht, sowie ein Fatalismus, der ebenso wie die „innere Stimme“ von Florence dem amerikanischen Film noir nachempfunden ist. (OmeU 26./27. 7. im Arsenal)

Als einen Vorläufer der Nouvelle Vague kann man den ehemaligen Journalisten Roger Vadim bezeichnen. Zwar war Vadim als Regisseur vor allem dafür bekannt, die Attraktivität seiner jeweiligen Lebenspartnerin in den Mittelpunkt seiner Filme zu rücken – doch genau dies war eben auch das Neue und Wichtige an einem Film wie „Et dieu créa la femme“ (1956): Sexualität und Leidenschaft wurden hier ohne Vorwand und Heuchelei einfach als wichtiger Teil des Lebens auf die Leinwand gebracht. Und wer hätte das damals besser verkörpern können als die Kindfrau Brigitte Bardot, die in diesem Melodram gleich mehreren Männern den Kopf verdreht. (OmU 23.–25. 7. im Arsenal) LARS PENNING