berliner szenen Dunkles Grollen

Die Aktie Tod

Es ist still in den Straßen Berlins. Ich stehe um halb vier Uhr morgens mit meinem Fahrrad an der Baerwaldstraße. Es regnet leicht und es ist kalt, die Straßenverhältnisse sind fragwürdig. „Angepasste Fahrweise“ – so dürfte in dieser nassen Nacht das Gebot der Stunde lauten. Mit einer meiner unnachahmlich neckischen Gesten werfe ich den Kopf in den Nacken und prüfe dabei mit der bloßen Hand den Sitz der Mütze auf dem Allwettertaft. Dann lege ich den Handschuh an und besteige das Rad. Hinter mir liegt eine lange entbehrungsreiche Nachtschicht auf den Straßen Berlins. Ich im Taxi, die anderen Leute draußen. Vor mir liegt ein kurzer, aber harter Heimweg. Die anderen Leute im Taxi, ich draußen.

Ich will gerade losfahren, als ich in der Ferne ein dunkles Grollen höre. Ich stutze. Das Grollen kommt näher, es wird lauter. Angst.

Und dann kommt sie um die Ecke: Die wilde Jagd. Wie eine brüllende Horde böser Geister donnert ein riesiger gelbschwarzer Laster heran, mit ebenso großem Anhänger und mindestens 80 Sachen in der Tempo-30-Zone. „Die Aktie Gelb“ kann ich den Schriftzug auf der Seite gerade noch erahnen, bevor der Spuk schon wieder vorbei ist und ich mich kneife: Habe ich das alles nur geträumt?

Nein. Noch immer liegt ein Sog in der frischen Luft. „Die Aktie Tod“ hätte besser gepasst. Hirnlos, hoffnungslos und dazu die Farben einer fiesen Wespe – das erinnert alles an Borussia Dortmund.

Wahrscheinlich steht auch die Aktie ähnlich. Wenn ich von so einem rücksichtslosen Schwein überfahren werde, brauche ich mir jedenfalls keine mehr zu kaufen, nicht von der Post, nicht vom BVB und nicht mal mehr von Grieneisen. ULI HANNEMANN