Studierende machen Berlin reich

Das „Begrüßungsgeld“ für auswärtige Studenten ist ein Erfolg. Der Anreiz zum Ummelden brachte Berlin rund 71 Millionen Euro Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich. Die Studienkosten liegen aber weit darüber

Warum soll das bettelarme Land Berlin – in dem Schulen, Kindergärten und Parks verrotten – viel Geld dafür ausgeben, dass Söhne und Töchter von Rechtsanwälten, Ärzten und Managern aus reichen Bundesländern hier studieren und in die Fußstapfen ihrer Eltern treten können? Weil dies die Attraktivität Berlins als Wissenschaftsstandort steigert, nebenbei etwas Geld in die Stadt bringt und ein urbanes, zukunftsorientiertes Image der Stadt pflegt. So oder so ähnlich argumentieren die Berliner Hochschulfreunde aus Wissenschaft und Wirtschaft, Parteien und Gewerkschaften.

Nicht ganz zu Unrecht, wie die Bilanz des so genannten Begrüßungsgeldes zeigt. Mit 110 Euro werden seit 2002 auswärtige Studenten belohnt, die in Berlin studieren und ihren Hauptwohnsitz auch offiziell hierher verlegen. Schließlich bringt jeder zusätzliche Einwohner bares Geld aus dem bundesweiten Länderfinanzausgleich. Im Jahr 2004 waren es rund 2.500 Euro. „Seit 2002 hat Berlin 71 Millionen Euro dadurch eingenommen, dass Studierende ihren ersten Wohnsitz in die Hauptstadt verlegt haben“, sagt die Grünen-Hochschulexpertin Lisa Paus, die eine entsprechende parlamentarische Anfrage an den Senat gestellt hatte.

„Junge Menschen, die in Berlin studieren, sind keine Last, sondern eine Bereicherung für Berlin“, so Paus. Sie prägten die kreative Atmosphäre der Stadt und brächten Geld in die Landeskassen. Und sie stärkten die Wirtschaftskraft. Laut Studentenwerk verfüge jeder Student über rund 700 Euro im Monat. Das meiste davon werde in Berlin ausgegeben. „Dadurch werden Arbeitsplätze in der Stadt gesichert.“ Der Senat ziehe jedoch die falschen Konsequenzen: Durch immer weitere Kürzungen an den Hochschulen und den flächendeckenden Numerus clausus würden Studierende abgeschreckt.

Allerdings decken die zusätzlichen Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich die tatsächlichen Kosten, die ein Student verursacht, bei weitem nicht. Um die 10.000 Euro pro Jahr kostet grob geschätzt ein Studienplatz, der Zugewinn aus dem Finanzausgleich würde also lediglich ein Viertel kompensieren.

„Studienplätze bleiben eine teure Angelegenheit“, sagt Matthias Kolbeck, Sprecher der Finanzverwaltung. Berlin zahle pro Hochschulabsolvent, die teuren Mediziner ausgenommen, rund 48.700 Euro. Insgesamt gesehen sei Berlin ein Bildungsexporteur. Das heißt: Es studieren deutlich mehr Menschen aus anderen Bundesländern in der Hauptstadt als Berliner in anderen Bundesländern. Das Begrüßungsgeld sei aber sinnvoll. Schließlich stiegen so die Einnahmen des Landes.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) tritt für einen Wechsel der Hochschulfinanzierung ein. Er befürwortet das Verursacherprinzip. Dann müssten die Länder, die wenig Hochschulausbildung anbieten, zahlen: und zwar an jene Länder, an deren Unis ihre Landeskinder studieren. Sarrazin: „Das würde auch die Lasten des Landes Berlin endlich berücksichtigen, das zehntausende Studenten aus anderen Bundesländern ausbildet.“ ROT