Atomklos sollen terrorsicherer werden

ZWISCHENLAGER Neue Mauern sollen die Lagerstätten für hochradioaktive Abfälle vor Terroristen schützen. Atomkraftgegner sind skeptisch

GÖTTINGEN taz | Lange Zeit taten Behörden und Energiekonzerne Warnungen als unbegründet ab, die deutschen Atommüllzwischenlager seien nicht gegen terroristische Attacken geschützt. Nun sollen zusätzliche Schutzmaßnahmen die Lagerstätten für hoch radioaktive Abfälle auf einmal doch sicherer machen. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums (BMU) haben sich die Betreiber der Anlagen und die Aufsichtsbehörden der Länder schon im vergangenen Jahr auf die Nachrüstung verständigt. Eine BMU-Sprecherin nannte bauliche Veränderungen an Mauern und Toren.

Die Maßnahmen „dienen dem Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter“, hieß es. Dazu zählt das BMU ausdrücklich auch „mögliche terroristische Angriffe“. Mit Beginn der Baumaßnahmen sei in diesem Jahr zu rechnen. Betroffen sind alle zwölf Zwischenlager an den Standorten laufender oder bereits stillgelegter AKW sowie die drei zentralen Lagerstätten Gorleben, Ahaus und Lubmin. Die Kosten sollen laut BMU die Betreiber tragen.

Inwieweit konkrete Hinweise auf Anschläge die nun angekündigten Schritte ausgelöst haben, blieb zunächst unklar. Der Bayerische Rundfunk berichtete aber unter Berufung auf das niedersächsische Umweltministerium, Grund für die Anweisung seien neue Erkenntnisse über Tatmittel und Täterverhalten für den Fall eines terroristischen Anschlags. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sagte, die abstrakte Gefährdungslage, die sich insbesondere aus dem islamistischen Terrorismus ergebe, habe zu einer Neubewertung geführt.

Im schwäbischen Gundremmingen genehmigte der Gemeinderat bereits am Dienstagabend den Bau einer 10 Meter hohen und 85 Zentimeter dicken Stahlbetonmauer. Nach Angaben von Bürgermeister Wolfgang Mayer ist der Bauantrag der Betreibergesellschaft völlig überraschend gekommen und „auch nicht begründet“ worden. „Es wurde nur mitgeteilt: Das soll in allen Zwischenlagern in ganz Deutschland so nachgerüstet werden.“ Auch am AKW Isar 2 bei Landshut soll das Lager eine zusätzliche Mauer bekommen. In Gorleben waren schon 2011 Castorbehälter umgeräumt worden, die an der Wand des Zwischenlagers standen.

Atomkraftgegner bezweifeln die Wirksamkeit der geplanten Schutzmaßnahmen. Es sei fraglich, dass Mauern die Anlagen sicherer gegen terroristische Angriffe machten, erklärte gestern die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Damit klammere das Bundesumweltministerium wieder einmal die wirkliche reale Gefahr durch einen gezielten Flugzeugabsturz aus. REIMAR PAUL