Milliarden für den Sudan gesucht

Geberkonferenz in Oslo soll internationalen Fonds zum Wiederaufbau des Südsudan einrichten. Deutscher Beitrag: rund ein Prozent. Die UNO appelliert für Soforthilfe

BERLIN taz ■ In Norwegens Hauptstadt Oslo hat gestern eine Geberkonferenz für Sudan begonnen, in deren Zentrum der Wiederaufbau des Südsudan steht. Debattiert werden Finanzhilfen von 2,6 Milliarden Dollar bis Ende 2007. Der Südsudan ist nach über 20 Jahren Krieg mit zwei Millionen Toten und vier Millionen Vertriebenen komplett verwüstet. Sudans Regierung und Südsudans SPLA-Rebellen (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) hatten im Januar ein Friedensabkommen geschlossen, das dem Süden Autonomie unter SPLA-Führung zugesteht.

Sudans Entwicklungsminister Yusuf Suleiman Takana bezifferte den Wiederaufbaubedarf seines Landes auf 7,8 Milliarden Dollar (sechs Milliarden Euro). Die wird das Land nicht kriegen. UN-Generalsekretär Kofi Annan eröffnete die Konferenz stattdessen mit einem Appell für eine Milliarde Dollar Soforthilfe. Sonst würden in zwei Wochen zwei Millionen Menschen ohne Nahrungsmittel sein, sagte er.

Das UN-Welternährungsprogramm WFP erinnerte gestern daran, dass es im November 2004 um 302 Millionen Dollar zur Versorgung von 3,2 Millionen Menschen im Südsudan gebeten hatte und davon bisher lediglich 59 Millionen Dollar erhalten habe, während die Lebensmittelpreise aufgrund schlechter Ernten stark anstiegen. Ähnlich dramatisch ist die Lage in Westsudans Krisenregion Darfur, wo das WFP soeben aus Geldmangel beschlossen hat, seine Lebensmittelrationen für 3,2 Millionen Bedürftige zu halbieren.

Größter Geber der humanitären Hilfe im Sudan sind bisher die USA, und für Oslo hat Washington bereits eine Gesamtzusage von 1,8 Milliarden Dollar angedeutet. Deutschlands Beitrag wird sich auf 26 Millionen Euro beschränken. „Eine finanzielle Unterstützung der Regierung in Khartum wird es mit der Bundesregierung nicht geben“, erklärte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Das Geld solle an Hilfswerke und in einen Geberfonds fließen.

Die Osloer Konferenz soll nämlich zwei Geberfonds unter Weltbankverwaltung einrichten – einen für Khartum und einen für Südsudan. Der für Südsudan wird die Basis des südsudanesischen Staatshaushalts darstellen und soll in Dinge wie Wiederansiedlung von Vertriebenen, Minenräumung, Demobilisierung und Aufbau von Infrastruktur fließen. Der für Khartum soll keine Budgethilfe bereitstellen, sondern lediglich Einzelprojekte kofinanzieren. Den größten Beitrag für den Wiederaufbau soll der Sudan selbst leisten – aus seinen Ölexporteinnahmen. Die werden laut Friedensabkommen in Zukunft je zur Hälfte zwischen der Autonomieregierung Südsudans und der Zentralregierung in Khartum aufgeteilt.

Einen effektiven Wiederaufbau des Südens kann es erst geben, wenn die SPLA-Autonomieregierung steht. Dies ist bisher nicht der Fall. Die Einrichtung einer Verwaltungsstruktur für die Autonomieregion wurde kürzlich auf Juni verschoben, und eine „Süd-Süd-Versöhnungskonferenz“ zwischen der SPLA und ihren Gegnern innerhalb des Südens Ende März brachte keine Annäherung. Die größte Stadt des Südsudan, Juba, steht unter Kontrolle der sudanesischen Regierungsarmee. Die Zahl der bewaffneten SPLA-feindlichen Formationen im Süden, die teils mit Unterstützung Khartums große Landstriche kontrollieren, wird auf über 30 geschätzt.

Die SPLA-Gegner im Südsudan beherrschen auch wichtige Ölfelder. Dieser Umstand sowie die Neigung der SPLA, existierende Ölkonzessionen im Südsudan neu zu vergeben und damit Rechtsunsicherheit zu schaffen, erschwert die Steigerung des Ölexports, ohne den Sudan keine hinreichenden Eigenmittel zum Wiederaufbau erwirtschaften kann. DOMINIC JOHNSON

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