Vermögensteuern können auch Arme und Mieter treffen

DIW-STUDIE Höhere Grundsteuer belastet nicht nur Reiche. Zielgenauer sind Steuern auf Gewinne

BERLIN taz | 25 Milliarden Euro könnte der Staat jährlich mehr einnehmen, behauptet eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Dafür müssten Vermögen in Deutschland genauso besteuert werden wie in anderen OECD-Staaten. Bisher liegt das Aufkommen aus Vermögensteuern in der Bundesrepublik außerordentlich niedrig – bei nur 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Großbritannien sind es weit über 4 Prozent, in den USA mehr als 3 Prozent. Der OECD-Durchschnitt beträgt ungefähr 2 Prozent. Nur in Tschechien und in Österreich wird Vermögen noch weniger belastet als in Deutschland.

Aber wen würden höhere Vermögensteuern treffen? Das DIW kommt in seinem neuesten Wochenbericht zu einem paradox klingenden Ergebnis: Vermögensteuern würden keineswegs nur die Reichen belasten. Auch die Armen würden überproportional herangezogen. Denn zu den Vermögensteuern zählt auch die Grundsteuer – und sie wird über die Betriebskostenabrechnung auf alle Mieter umgelegt. Damit trifft sie gerade die untersten Schichten am stärksten, weil diese relativ am meisten für die Miete ausgeben. Trotzdem sieht das DIW bei der Grundsteuer Reformbedarf, weil völlig veraltete Einheitswerte zugrunde gelegt werden: von 1964 im Westen und 1935 im Osten. Sie sollten den aktuellen Verkehrswerten angepasst werden.

Anders als bei der Grundsteuer treffen Vermögen- und Erbschaftsteuer nur die Wohlhabenden. Bei einer Vermögensteuer von 1 Prozent ließen sich 16 bis 21 Milliarden Euro jährlich erzielen. Diese Summe würde allerdings nur erreicht, wenn auch Betriebsvermögen und Lebensversicherungen voll steuerpflichtig wären. Zudem könnte es bei vielen Immobilien und Firmen schwierig werden, einen objektiven Wert festzulegen, weil es gar keinen Markt für sie gibt.

Daher schlägt das DIW vor, lieber die Kapital- und Unternehmensteuern anzuheben. So ließen sich Kapitalerträge wieder progressiv besteuern. Die neue Abgeltungsteuer von nur 25 Prozent würde abgeschafft. UH

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