Grüne machen Wind gegen Blockierer-Image

Fortschrittsverhinderer oder Kraft der Erneuerung? Die Grünen positionieren sich vor der NRW-Landtagswahl in der Energiepolitik. Windkraft soll nur noch moderat ausgebaut werden, Steinkohlesubventionen sollen kippen

DÜSSELDORF taz ■ Die nordrhein-westfälischen Grünen wollen sich vor der Landtagswahl nicht mehr von Opposition und konservativen Medien als „Fortschrittsverhinderungs-Partei“ darstellen lassen. Nach Hamsterdebatte und Windkraftstreit nutzten die energiepolitischen Sprecher der grünen Landtags- und Bundestagsfraktion, Rainer Priggen und Michaele Hustedt, den Abschluss der Verhandlungen über das neue Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), um sich an einer Korrektur des ramponierten Image der grünen Energiepolitik zu versuchen.

Investitionen in Höhe von fünf Milliarden Euro hätten internationale Stromexperten allein für NRW als Reaktion auf die angekündigte Liberalisierung des Strommarktes durch das EnWG versprochen, sagte Hustedt. Und da in den kommenden 20 Jahren etwa die Hälfte der bestehenden Kraftwerke erneuert werden müssten, rechnen die Ökopaxe deutschlandweit mit Investitionen von 40 Milliarden Euro. Die Grünen frohlocken: Der Energiebereich sei eine „richtige Jobmaschine“ in NRW, sagte NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn der taz.

Neue Gaskraftwerke in Hamm-Uentrop, Herdecke und Weisweiler, dazu effizientere Steinkohlekraftwerke in Walsum und Datteln – für Rainer Priggen ist dies ein Erfolg rot-grüner Energiepolitik: „Wir begrüßen diese Investitionen“, sagte er. Auch für den lange verzögerten Bau eines neuen Gaskraftwerks in Hürth sieht Priggen gute Chancen, seit der norwegische Energieriese Statkraft das Projekt übernommen hat. „Ich hoffe auf eine Grundsteinlegung noch vor der Landtagswahl“, sagte Priggen.

In der kommenden Legislaturperiode wollen die Grünen den Anteil erneuerbarer Energien in NRW von jetzt 3 bis 6 Prozent auf 10 Prozent steigern. Ausgebaut werden sollen vor allem Energiegewinnung durch Erdwärme und Biomasse – in Sachen Windkraft schalten die Grünen jedoch einen Gang zurück. Allenfalls einen „bescheidenen Entwicklungsstrang“ prognostiziert Priggen, nachdem der Naturschutzbund Deutschland (NABU) vorgestern erklärt hatte, dass die Windkraft in NRW „ausgereizt“ sei. Für die Opposition bleiben die drehenden Räder jedoch ein Reizthema: Eine neue Landesregierung werde „unmittelbar nach dem Regierungswechsel alle denkbaren Maßnahmen ergreifen, um den unsinnigen Bau weiterer Anlagen in NRW zu stoppen“, kündigte der FDP-Wirtschaftsexperte Gerhard Papke an. Der Grüne Priggen sprach hingegen von einer „absurden“ Debatte. „Wir müssten verrückt sein, um das bisher Erreichte kaputt zu machen“, sagte er. Die Windkraft biete weiterhin große Exportchancen.

Seit die Grünen ihren Widerstand gegen die Genehmigung der Urananreicherungsanlage Gronau auf ein für den Koalitionspartner SPD erträgliches Maß herunter gefahren haben, könnte im Falle eines Wahlsiegs am 22. Mai allenfalls die Frage der Steinkohlesubventionen für Krach im rot-grünen Lager sorgen. Umweltministerin Höhn erneuerte gegenüber der taz ihre Ablehnung einer weiteren Subventionierung nach dem Jahr 2012: „Energiepolitisch ist heimische Steinkohleförderung nicht notwendig – das ist für uns eine soziale Frage. Wir wollen keine betriebsbedingte Kündigungen, aber wir müssen so schnell wie möglich aus der Förderung aussteigen.“ KLAUS JANSEN