Bagis: Spekulation über Verfallsdatum

Unter großem Geburtsschmerz entstanden, arbeitet die Bremer Bagis jetzt seit drei Monaten. Dem staatlichen Auftrag „Fordern und Fördern“ wird sie erst im Ansatz gerecht – schon wird der Ruf nach einer anderen Organisationsform laut

Bremen taz ■ Die Arbeitsagentur in Nürnberg sieht Änderungsbedarf: Die für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger zuständigen Einrichtungen wie die Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales (Bagis) müssten mehr Eigenständigkeit bekommen. Politik sei klug beraten, deren Organisationsform zu überdenken, da die Zusammenschlüsse aus Arbeitsagentur und Amt für Soziale Dienste beispielsweise keinen eigenen Haushalt und kein eigenes Personal haben. „Wir stellen uns die Frage nach der Haltbarkeit“ dieser „virtuellen Einrichtung“, sagte gestern in Bremen Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur, während hinter den Bremer Kulissen erste Vorwitzige munkeln, die Bagis werde das Verfallsdatum von drei Jahren kaum überdauern. Dabei hat sie im Zuge der Hartz-Reformen doch erst im Januar offiziell ihre Arbeit aufgenommen – unter Anlaufschwierigkeiten.

Böse Gerüchte, wonach die fürs Fördern und Fordern von ALG-II-EmpfängerInnen zuständige Einrichtung beim Fördern weit hinter den eigenen Zielen zurückliegt, will niemand offiziell bestätigen. Weniger als fünf Millionen Euro soll die Bagis im ersten Quartal für Qualifizierung in den unterschiedlichsten Bereichen ausgegeben haben – das wäre minimal, angesichts des Eingliederungsbudgets von 77,6 Millionen Euro fürs ganze Jahr. Schon sorgen sich die ersten, ob das für Qualifizierung und Eingliederung weit gefächerte Jahresbudget überhaupt noch ausgegeben werden kann – während es auf die umstrittenen Ein-Euro-Jobs, eigentlich letztes Instrument der Arbeitsmarktförderung, einen Run gibt.

Eckard Lange, Vizechef der Bagis, kann Gerüchte derzeit kaum dementieren. Die Bagis verfüge bislang nicht über „valide Daten“. Doch spüre sie deutlich den Druck, Erfolge vorzuweisen. Nicht einfach, zumal Projekte über 200.000 Euro EU-weit ausgeschrieben werden müssten. Auch das verzögere.

Es gibt weitere Baustellen: Die fürs Fördern notwendige Beratung beispielsweise hat noch lange nicht das angestrebte Maß von einem Fallmanager auf 150 erwachsene Klienten erreicht. Experten aus der Arbeitsagentur nennen ein Verhältnis von 1:205 bei der Bagis, im Amt für Soziale Dienste kursieren unterdessen Schreckensberichte Einzelner, die 300 Personen betreuen. Auch dazu traut sich die Bagis derzeit keine klare Aussage. Lediglich die vorgegebene Beraterquote für Jugendliche gilt mit 1:75 als erreicht.

Negative Gerüchte und unklare Stellenbeschreibungen halten derweil dringend benötigtes, qualifiziertes Personal aus dem Amt für Soziale Dienste davon ab, zur Bagis zu wechseln – so dass die nun 20 Leute vom freien Markt eingestellt hat. Auf drei Jahre befristet. ede