Geschichte ausgraben

VERSTECKTE HINWEISE Zum Jubiläum eine Ausstellung für DetektivInnen: Die kleine Altertumsschau „Teheran 50. Ein halbes Jahrhundert deutsche Archäologen im Iran“ im Pergamonmuseum

Die türkis leuchtende Gebetsnische oder kleine Dinge voller Lebensfreude, da ein Räuchergefäß mit blauer Taubenfigur, dort filigrane Chandelier-Ohrringe – man hätte sie ohnehin hier erwartet. Mitten im Museum für islamische Kunst, Teil des Pergamon-Museums, befindet sich zur Zeit in fünf Räumen eine Jubiläumsausstellung: „Teheran 50, ein halbes Jahrhundert deutsche Archäologie im Iran“. 1961 wurde die Außenstelle des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Teheran gegründet.

Das Deutsche Archäologische Institut gehört als Bundesanstalt zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Arbeit der Teheraner Filiale sei von iranischen Archäologen begrüßt worden, weil sie nicht „imstande“ gewesen seien, wichtige Altertümer selbst zu bergen, heißt es auf einer Tafel in Eingangsnähe. Da kann man nur erraten, dass den iranischen Kollegen kaum Mittel bewilligt wurden oder ihre Projekte auf ideologische Vorbehalte stießen. Wer aber als Deutscher im Iran arbeitet, muss damit rechnen, im Zuge der Verteufelung des einen oder anderen Auslandes einmal als Sündenbock an die Reihe zu kommen. Dies erklärt einige Informationslücken bei „Teheran 50“. Aber nicht alle.

Dass diese Ausstellung im Museum nicht abgegrenzt wurde, kann Besucher verwirren. Einige der Objekte stehen sowieso immer hier auf ihrem Fleck. Andere schlummerten bisher im Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts. Um welche es sich genau handelt, wer was wann ausgegraben hat, wird nicht mitgeteilt. Als breche ein solches Wissen zu viele Tabus. Dabei will das Institut, seiner Presseerklärung zufolge, die Leistungen einzelner Archäologen im Iran besonders würdigen.

Gelungen ist dies noch im ersten Zimmer. Aus persönlichen Nachlässen stammen die Inhalte der altmodischen Vitrinen und aufgeklappten Koffer. Die meisten gehörten dem ersten Berliner Ordinarius für Orientalische Archäologie, Ernst Herzfeld. Den Pionier zog es wie einen Besessenen zu den Ruinen von Persepolis (520–330 v. Chr.). Weil die Franzosen seit 1895 über ein Grabungsmonopol im Iran verfügten, vermaß er erst mal alles Sichtbare.

Herzfeld schwebte bereits in den 20er Jahren eine DAI-Filiale im Iran vor. Da sehen wir seine erstaunlich handliche Zeiss-Ikon-Plattenkamera, gestochen beschriebene Tagebuchseiten und Briefe, ein Maßband in einer eleganten Lederkassette. Fragil und vornehm bezeugen sie beschwerliche, aber auch luxuriöse Reisen. Hier finden wir Requisiten für die Kriminalromane Agatha Christies, zu denen sie ihre Erfahrungen im Orientexpress und im Orient selbst unter Archäologen inspirierten.

Einem Verrat begegnen wir hier auch. Dem jüdischen Wissenschaftler wurde die Mitgliedschaft im DAI aberkannt. Als er endlich graben durfte, tat er dies notgedrungen bereits im Auftrag der USA. „Teheran 50“ ist auch ein Versuch der DAI-Vergangenheitsbewältigung.

Was nun aber jene jüngsten 50 Jahre betrifft, die konkrete Tätigkeit der Geburtstagsfiliale, so erfahren wir mehr darüber erst im letzten Zimmer, im Medienraum, auf Fotos, in Videos und in Filmen. Es fallen Namen wie Arisman, ein Dorf, in dem ein Team unter der heutigen Zweigstellen-Leiterin Barbara Helwing nach 2000 auf das – so weit heute bekannt – weltweit erste (ab 3000 vor unserer Zeitrechnung) Zentrum zur Kupferverhüttung stieß.

Oder Darre-ye Bolaghi, wo man vor 4.500 Jahren Keramik für den Export produzierte. Wer sich nun die Mühe machen würde, in die vorherigen Museumsräume zurückzulaufen, könnte hinter einigen der feinen kleinen Gegenstände dort eine Entdeckungszeit oder ein bestimmtes Archäologenteam vermuten.

BARBARA KERNECK

■ Die Ausstellung läuft noch bis zum 4. März