Friedensengel für den Fernreiseverkehr

Im Streit mit Bahn-, Bus- und Flugunternehmen verhilft die Schlichtungsstelle Mobilität den Kunden zu ihrem Recht: In den ersten vier Monaten sind schon 600 Beschwerden eingegangen. Die Bahn kooperiert, die Lufthansa mauert

BERLIN taz ■ Mal ist das Ticket für die Bahn zu teuer. Dann wird der Flug gestrichen. Oder der Koffer geht verloren. Die Reklamation? Sie bringt nichts außer einem Standardbrief. Fast alltäglicher Reisefrust, bei dem seit vier Monaten die Schlichtungsstelle Mobilität hilft. Die grüne Bundesverbraucherministerin Renate Künast zog gestern eine „erste, positive Bilanz“.

Ihr Haus finanziert das Pilotprojekt über drei Jahre mit 1,4 Millionen Euro. Die sechs Mitarbeiter, die beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) sitzen, haben alle Hände voll zu tun. 600 verärgerte Fahrgäste haben ihre Beschwerden bereits an die Schlichtungsstelle geschickt – per Fax, Post oder E-Mail.

„Oft ist die Rechtslage unklar, und bei den Unternehmen fehlen Ansprechpartner“, sagt VCD-Chef René Waßmer. In 60 Prozent der Fälle gehe es um die Bahn, vor allem um Ärger mit der Bahncard oder Buchungen per Internet. Beim Fliegen sei der Verdruss dann besonders groß, wenn Verbindungen auf den nächsten Tag verschoben werden, aber nicht für eine Übernachtung gesorgt ist.

Die Schlichter greifen allerdings nur dann ein, wenn sich die Kunden zuvor schon selbst beim Verkehrsunternehmen beschwert haben. Dann versuchen sie, möglichst innerhalb von drei bis vier Wochen, zu vermitteln. Und tatsächlich erwirkten sie bereits Entschädigungen für Zugverspätungen. Genauso wehrten sie aber auch überzogene Schadenersatzforderungen ab – etwa von einem Bahnreisenden, der die Klimaanlage zu kühl fand.

Halten muss sich an den Schlichterspruch allerdings niemand. Die Deutsche Bahn zeige sich aber „durchweg kooperativ“, sagt die Leiterin der Schlichtungsstelle, Birgit Zandke-Schaffhäuser. Anders die Lufthansa, auf deren Konto die meisten Flugbeschwerden gingen. Diese weise alle Vorschläge mit der „rüden Begründung zurück, sie wolle Kunden auf der Jagd nach Entschädigung keinen Vorschub leisten“.

Wer will, könnte auch klagen. Reiserechte wurden zuletzt gestärkt: Nach neuem EU-Recht werden bei überbuchten, verspäteten oder ausgefallenen Flügen bis zu 600 Euro fällig. Und bei der Deutschen Bahn gibt es laut Geschäftsbedingungen 20 Prozent des Fahrpreises zurück, wenn sich ein Fernzug um eine Stunde verspätet. Sonst sind Reisende aber auf Kulanz angewiesen. Genau wie die Schlichter, die hoffen, eines Tages von Lufthansa und Co. finanziert zu werden.

HANNA GERSMANN

www.schlichtungstelle-mobilitaet.de