Zeuthen gegen Fluglärm

Mit der Bekanntgabe der endgültigen Flugrouten des neuen Großflughafens Berlin-Brandenburg wird auch der Protest weitergehen

■  Wer BliZ unterstützen will, kann entweder zur Demo am 21. Januar kommen oder sich in eine der Vereins-AGs einbringen. Vor allem die AG Öffentlichkeitsarbeit freut sich über tatkräftige HelferInnen und kreative Köpfe. Ende Januar findet eine Informationsveranstaltung zum aktuellen Stand der Klagen statt. Informationen zu Datum, Ort und Zeit gibt es in Kürze auf der Webseite des Vereins.

■  Im Netz:

zeuthen-gegen-fluglaerm.de

Die Protestbewegung gegen die Flugrouten des neuen Stadtflughafens BER in Schönefeld gehörte 2011 zu den wichtigsten politischen Bewegungen Berlins und Brandenburgs. Fast monatlich zogen tausende BürgerInnen durch die Innenstadt und nach Schönefeld, umzingelten das Regierungsviertel und den Müggelsee und hielten regelmäßig Mahnwachen und Kundgebungen in den von den geplanten Flugrouten betroffenen Stadtgebieten und Gemeinden Brandenburgs ab. Ihr Erfolg war groß: So konnten die Protestierenden erreichen, dass die Deutsche Flugsicherung (DFS) die Routen an vielen Stellen abänderte und die Zahl der direkten Überflüge reduzierte.

Auch 2012 geht der Protest weiter. Anlässlich der Bekanntgabe der endgültigen Flugrouten Ende Januar wollen Anti-Fluglärm-Initiativen und AnwohnerInnen am 21. Januar noch einmal auf die Straße gehen. Mit angeführt wird die Demo von dem Bürgerverein „Leben in Zeuthen“ (BliZ), der bisher vor allem unter dem Slogan „Zeuthen GEGEN Fluglärm“ in Erscheinung trat. „Wir haben viel erreicht. Trotzdem gibt es einiges zu tun“, sagt Martin Henkel, Mitbegründer des Vereins.

2010 gründete sich der Verein als Reaktion auf die Veröffentlichung der vorläufigen Flugroutenentwürfe Anfang September 2010. Entgegen den Beschlüssen des Planfeststellungsverfahrens von 2004 lag Zeuthen auf einmal nicht mehr außerhalb der Lärmschutzzone. Im Gegenteil sollten startende Flugzeuge die Gemeinde im Südosten Berlins in einer Höhe von 600 bis 1.000 Metern direkt überfliegen. Neben der Kerosinbelastung ist vor allem der Lärm die schlimmste Folge der Überflüge. „Ein Flugzeug in der Höhe wäre so laut, dass man sich im Garten nicht mehr unterhalten kann. Eine Gartennutzung wäre fast unmöglich“, berichtet Henkel.

BliZ hat sich drei Ziele gesetzt: Zum einen will der Verein erreichen, dass die DFS zu den jahrelang veröffentlichten Lärmschutzzonen zurückkehrt. Ursprünglich sollten die Flugzeuge beim Start vom BER geradeaus fliegen. Da eine Richtlinie der International Civil Aviation Organization (ICAO) festlegt, dass Flugzeuge, die gleichzeitig auf parallel nebeneinanderliegenden Startbahnen starten, um mindestens 15 Grad divergieren müssen, mussten die Flugrouten geändert werden.

Wie ein der taz vorliegender Schriftwechsel zwischen der DFS, dem Berliner Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr, der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld und dem Bundesministerium für Verkehr belegen, war den Verantwortlichen die Vorschrift von Anfang an bekannt. Trotzdem hielten sie öffentlich bis September 2010 an den alten Lärmschutzzonen fest. „Sie hatten vermutlich Angst vor einem frühzeitigen Protest“, sagt Henkel.

Zu den ursprünglichen Lärmschutzzonen zurückzukehren, dürfte nach Ansicht des Vereins kein Problem darstellen. In München gibt es eine Regelung, nach der gleichzeitig startende Flugzeuge trotzdem geradeaus fliegen dürfen, weil die beiden Startbahnen mit 2300 Metern weit genug auseinander liegen. Der Verein ist sich sicher, dass man den Münchener Weg auch in Berlin gehen kann: Der Abstand zwischen den Startbahnen des BER beträgt 1918 Meter. „Groß genug“, meint Henkel.

Das zweite Ziel ist ein Nachtflugverbot für den BER. Der Verein will durchsetzen, dass zwischen 22Uhr und 6 Uhr keine Flugzeuge in Schönefeld starten und landen dürfen. Drittens will BliZ verhindern, dass der BER zum Großflughafen und zum Drehkreuz für den internationalen Flugverkehr ausgebaut wird.

Um diese Ziele zu erreichen, hat der Verein seit seiner Gründung eine Vielzahl Aktionen durchgeführt. Neben einer Lärmparade in Zeuthen, an der unter anderem Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) teilnahm, und vielen weiteren Demonstrationen organisiert er regelmäßig stattfindende Informationsveranstaltungen, auf denen die BürgerInnen Zeuthens über den aktuellen Stand des Flugrouten-Streits informiert werden.

„Die Bürgerinnen und Bürger wurden massivst getäuscht“

Martin Henkel vom Bürgerverein „Leben in Zeuthen“

Darüber hinaus begleitet der Verein zwei Klagen, mit der die Beibehaltung der Routen von 2004 erwirkt werden soll. Eine wegen Vertrauensbruchs und die andere gegen den Planfeststellungsbeschluss. „Die Bürgerinnen und Bürger wurden massivst getäuscht“, sagt Henkel. Geklagt wird gegen das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft Brandenburg, das den Planfeststellungsbeschluss verantwortet.

Auch versucht der Verein über Bündnisarbeit Druck auf die Politik und die DFS aufzubauen. So ist BliZ Teil des Bündnisses „Gegen neue Flugrouten“, zu dem sich zwölf Initiativen aus Berlin und Brandenburg 2010 zusammengeschlossen haben, und Mitglied im neu gegründeten Aktionsbündnis Berlin-Brandenburg. LUKAS DUBRO