Wannsee-Gate: Nußbaum verspricht Aufklärung

VERLUST Dem Land entgingen bei Pachtvertrag mit Golfclub möglicherweise drei Millionen Euro

„Ich werde dafür sorgen, dass der Sachverhalt schonungslos aufgeklärt wird“

FINANZSENATOR ULRICH NUSSBAUM

Das Land Berlin – mit 60 Milliarden Euro verschuldet – hat möglicherweise 3 Millionen Euro verschenkt. Offenbar hätten sich 2008 bei einem langjährigen Pachtvertrag mit dem Golfclub Wannsee statt 3 Millionen 6 Millionen Euro erlösen lassen können. Zuständig war der inzwischen zur Bundesbank gewechselte damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Sein parteiloser Nachfolger Ulrich Nußbaum kündigte an, „dass der Sachverhalt mit neuen Augen schonungslos aufgeklärt wird“. Dies sei jetzt aber „keine Zeit für Vorverurteilungen“.

Im Kern geht es um die Frage: Wieso hat der stets als clever eingestufte Sarrazin nicht in den Vertrag schreiben lassen, dass der 3-Millionen-Pachtzins nur für einen gemeinnützigen Verein gilt und sonst mehr Geld fällig ist? Denn diese Gemeinnützigkeit wird der Verein nach Informationen des Tagesspiegels ab 2010 nicht mehr haben. Club-Geschäftsführer Michael Siebold sagte der taz, ebendas sei bei den Vertragsverhandlungen „weder uns noch der anderen Seite“ bewusst gewesen. Auch heute sei noch nicht sicher, ob der Verein seine Gemeinnützigkeit aufgebe.

Die Zeitung zitiert aus einem Brief des früheren Club-Präsidenten Roland Specker an die Vereinsmitglieder: „Bei der Endverhandlung ist es uns gelungen, die Vertragsgestaltung so festzuschreiben, dass ein Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht zur Folge hat, dass der Erbbauzins sich nachträglich von 3 auf 6 Millionen Euro verdoppelt.“ Specker ist kein Unbekannter: Er organisierte die Reichstagsverhüllung durch Christo und war als Bauunternehmer und SPD-Förderer ein viel genannter Name in der Tempodrom-Affäre 2004.

Ursprünglich hatte der Senat einen Verkauf geplant, der 3,6 Millionen Euro erbringen sollte. Dagegen aber gab es fraktionsübergreifend Widerstand. Auch die SPD-Fraktion sprach sich intern dafür aus zu verpachten. Der kurzfristige Unterschied zwischen Verkauf und Verpachtung über 99 Jahre liegt vor allem darin, dass sich die Nutzung festschreiben lässt. Die Entscheidung fiel im Senat – das Abgeordnetenhaus war damals erst bei Immobiliengeschäften ab 5 Millionen Euro zuständig. Heute gelten niedrigere Grenzen, das Parlament müsste zustimmen.

Der Pachtzins orientierte sich offenbar an den für Sportvereine generell üblichen Bedingungen. „Der Golfclub sollte nicht besser, aber auch nicht schlechter behandelt werden als andere Sportvereine“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, der taz. Die Gemeinnützigkeit sei kein Diskussionsthema gewesen. „Aber es ist ganz klar, dass die Fraktion erwartet hätte, dass es bei einem Wegfall des Gemeinnützigkeit zu einer höheren Pacht kommt.“

Thilo Sarrazin widersprach der Annahme, er habe Geld verschenkt: „Bei dem Erbpachtvertrag mit dem Golfclub war nicht die Gemeinnützigkeit maßgebend für den Erbpachtzins, sondern die Festschreibung der Nutzung für sportliche Zwecke.“

Aus der Opposition gab es heftige Kritik. „Das hat ein Geschmäckle. Wir haben das Geschäft ja schon 2008 abgelehnt“, sagte die grüne Fraktionsvorsitzende Franziska Eichstädt-Bohlig. Die CDU-Fraktion fordert, es müssten „auch mögliche Verquickungen von unterschiedlichen privaten und politischen Interessen dringend aufgedeckt werden“. STEFAN ALBERTI