Familienbande lösen

CDU-Affären im Parlament: Union windet sich, rot-grüne Opposition fordert das Schließen von Schlupflöchern

Mächtig geriet er ins Schlingern, der CDU-Fraktionschef Bernd Reinert, als er gestern im Rathaus in eigener Sache sprechen musste. „Das ist schon ein Thema“, räumte Reinert ein in der Bürgerschaftsdebatte über die Affären in seiner Fraktion. Er habe jedoch Zweifel, „dass das Abgeordnetengesetz lückenlos ist“, so der Fraktionschef. Da seien gewiss „offene Fragen zu klären“, und die CDU werde sich dem nicht verschließen.

Kann sie auch gar nicht nach den Vorfällen in den eigenen Reihen. Gegenseitige Bestechungs- und Verleumdungsvorwürfe, die Beschäftigung von Familienmitgliedern durch mehrere Volksvertreter aus Steuergeldern, die Mandatsniederlegung des Abgeordneten Volker Okun vorgestern, der seinen faktischen Hauptwohnsitz gar nicht in Hamburg hat und deshalb wohl illegal zehn Jahre lang der Bürgerschaft angehörte, der Kinderpornoskandal des inzwischen zurückgetretenen Abgeordneten Clemens Nieting (taz berichtete mehrfach) – da kann man schon mal in die Defensive geraten.

Von einem „rapiden Verfall der politischen Kultur“ sprach denn auch GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch, von „kaltschnäuziger Selbstbedienungsmentalität“ und dem „gezielten Nutzen aller Schlupflöcher“ im Abgeordnetengesetz.

Und das müsse deshalb überarbeitet werden, befand Andrea Hilgers von der SPD. Ihre Fraktion werde eine Novellierung des Gesetzes vorlegen und wünsche ausdrücklich eine „öffentliche Diskussion“ darüber. Die regierende CDU habe das Hamburger Parlament „insgesamt in Misskredit gebracht“, befürchtet Hilgers, und damit der „Politikverdrossenheit neue Nahrung gegeben“.

Offen blieb jedoch, wie groß die Selbstreinigungskraft der Hamburger Bürgerschaft ist. Die Forderung der rot-grünen Opposition, Reinert möge klarstellen, ob Okuns Ottenser Tarnadresse in der CDU bekannt gewesen sei, blieb unerfüllt. Der Fraktionschef schwieg. Sven-Michael Veit