„Weniger Normstudierende“

Vielfalt Margrit Kaufmann spricht über Heterogenität an der Bremer Universität

■ 52, ist Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin an der Uni Bremen. Sie beschäftigt sich seit 2006 mit Diversity-Themen.

taz: Frau Kaufmann, was sind denn Normstudierende?

Margrit Kaufmann: Die kommen aus Akademikerfamilien, sind finanziell unabhängig, körperlich und geistig sehr leistungsfähig, aufs Studium fixiert und karriereorientiert. In sozialwissenschaftlichen Fächern ist die Norm eher weiblich und in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern eher männlich.

Und wer dem nicht entspricht, hat’s schwieriger an der Uni?

Leider ja. Gemeint sind Studierende aus anderen sozialen und kulturellen Herkünften, Studierende mit Job oder Kind, Beeinträchtigte aber auch sozial und politisch Engagierte.

Was tut die Uni Bremen für diese Betroffenen?

Zum Beispiel hat sie 2009 die Charta der Vielfalt unterschrieben. Das ist aber erst mal nur eine Absichtserklärung. Wir arbeiten deshalb daran, die Inhalte umzusetzen. Das geschieht durch verstärkte Partizipation, Kommunikation und Vernetzung, sowie durch neue Projekte zur Zielgruppenförderung und Verbesserung der Studierbarkeit.

Wo herrscht noch Nachholbedarf?

Ganz klar in der Sensibilisierung der Lehrenden. Denen müssen meines Erachtens Differenzen und Gemeinsamkeiten heterogener Studentengruppen noch bewusster gemacht werden.

Sind da die Bologna-Reformen nicht kontraproduktiv?

Nein, genau das wollen wir heute beweisen: Auch im Massenstudium sind eigenständige Lern- und Forschungsprozesse und persönliche, Hierarchien abbauende Beziehungen zwischen Studierenden und Lehrenden möglich.

INTERVIEW: ANISSA BRINKHOFF

20 Uhr, Haus der Wissenschaft