Kulturkampf an der Eliteuniversität

Das Institut für nahöstliche Sprachen und Kulturen an der New Yorker Columbia-Universität ist in die Kritik geraten

Der letzte Kulturkrieg in den USA war beinahe ausschließlich akademisch. Mitte der Achtzigerjahre traten von den Sechzigern geprägte Akademiker an Amerikas Hochschulen an, den Euro- und Phallozentrismus der geisteswissenschaftlichen Curricula zu entlarven und damit die Lehrpläne für feministische und multikulturalistische Perspektiven zu öffnen. Die Linke gewann diesen Kampf, an den maßgeblichen höheren Bildungsanstalten der USA herrscht heute ein liberales Klima.

Das gefällt der Rechten natürlich nicht, und so beginnt sie nun, im Triumphrausch der letzten Wahl den Elfenbeinturm zu belagern. Der ehemalige Linke David Horowitz ist mit seiner Institution „Students for Democratic Freedom“ einer der Vorkämpfer dieses Feldzugs: Er entlarvt „linke“ Tendenzen in den Hörsaalen, wo er meint sie zu finden, und setzt sich für eine Gesetzgebung ein, die nach rechts abweichende Unterrichtsthemen auf die Lehrpläne setzen soll.

Am offensten ist jetzt der Kampf um die zukünftige geistige Elite des Landes an der New Yorker Eliteuniversität Columbia entbrannt. Unter Beschuss von rechts steht das Institut für nahöstliche Sprachen und Kulturen und dessen Professoren. Weil in den Seminaren die Politik Israels kontrovers diskutiert wird, haben jüdische Gruppen mit Schützenhilfe der rechten Presse und konservativer Lobbygruppen eine Kampagne lanciert, in der nicht nur die Professoren, sondern der Fachbereich und die gesamte Universität als antisemitisch denunziert werden.

Der Kampf um Columbia entzündete sich an einem Propagandafilm, den die pro-israelische Gruppe David Project im Herbst 2004 drehte. Die Gruppe, die nach eigenen Angaben „junge Leute dazu ausbildet, die israelische Sache proaktiv zu vertreten“, hatte jüdische Studenten interviewt. Die wiederum fühlten sich von der antizionistischen Haltung der fraglichen Professoren bedroht.

Die Anschuldigungen in dem Film sind vage und anonym und bleiben unbelegt. Dennoch führte er zu einer internen Untersuchung auf dem Columbia-Campus gegen die Professiren Joseph Massad, Hamid Dabashi und George Saliba, nicht zuletzt, weil die konservative New York Sun und die New Yorker Boulevardpresse das Thema wochenlang hochkochten. Letztlich wurden die Beschuldigungen fallen gelassen, der Schaden war jedoch angerichtet: „Ich bin völlig verunsichert. Ich weiß nicht mehr, was ich in meinen Seminaren sagen kann und was nicht“, so der ägyptische Professor Massad.

Den Boden für die Überwachung der US-Seminarräume hat ein Erlass des Repäsentantenhauses von 2003 geebnet, der „die Diskussion amerikanischer Außenpolitik aus verschiedenen Perspektiven“ gewährleisten sollte. Der Erlass gab der Regierung die Möglichkeit, in bisher ungekanntem Maße in die Lehrpläne einzugreifen. Urheber des Erlasses waren Martin Kramer und Daniel Pipes, die es seither auf sich genommen haben, besonders die Lehrstühle für Arabistik und Nahoststudien unter die Lupe zu nehmen. In einem Interview mit dem Harvard Magazine erklärte Pipes triumphierend, auch hinter der Kampagne gegen Columbia zu stecken.

Die Alma Mater von Edward Said war natürlich für Pipes ein Prestigeziel. Unter den Kollegen von Massad, Habishi und Saliba löste die Kampagne indes nur Kopfschütteln aus. Der Biologe Robert Pollack, Förderer des jüdischen Kulturzentrums an der Columbia, sagte: „Es ist eine völlig absurde Übertreibung zu sagen, Juden seien unter Druck an der Columbia, oder bestimmte Professoren seien antisemitisch.“ Für die Rechte wiederum scheint es wie reine Sophisterei, zwischen Kritik an Scharon und Antisemitismus eine Unterscheidung zu machen. SEBASTIAN MOLL