: Die schwangere Countrysängerin
KONZERT Unbunny, Flare Acoustic Arts League und Maria Taylor machen im Comet Club alternative Country Music für trübe bis nasskalte Abende
Nasskaltes, scheußliches Wetter, ein trüber Dienstagabend, kaum jemand auf der Straße. Ein perfekter Abend für traurige Countrymusik mit Frauengesang. Wie gut, dass das kleine Nischenlabel „Affairs Of The Heart“ heute seinen fünften Geburtstag begeht, mit drei Bands an einem Abend, und das in der kuscheligen schwarzen Schachtel namens Comet Club.
Drei Bands an einem Abend? Kuschelige schwarze Schachtel? Der Comet Club ist ein verwirrendes Geflecht von kleinen Räumen, ursprünglich eingerichtet irgendwann Ende der achtziger Jahre, also mit komplett schwarzen Wänden, viel Gestänge (im Raucherraum oben), schummrigem Licht (auf den Toiletten) und dem grauen Noppenfußboden, den man aus dieser Zeit noch kennt. Und drei Bands? Man möchte fast sagen: eine. Die sich allerdings in drei höchst verschiedenen Formationen präsentiert.
Die erste heißt Unbunny und klingt nach Neil Young, der „Don’t Let Me Down“ von den Beatles spielt. Singen tut ein junger Mann namens Jarid del Deo, der sich eben Unbunny nennt und gleich mal die gesamte Band der anderen Acts ausgeliehen hat. Besonders auffällig ist dabei die Bassistin, die so typisch amerikanisch aussieht: lange dunkle Haare, helle Haut und gekleidet in einem unauffälligen County-und-Western-Stil.
Unbunnys Musik ist so unspektakulär, dass man zu grübeln anfängt, wer eigentlich immer noch Alternative Country macht und vor allem: warum. Selbst die Fleet Foxes klingen einfach nur noch nach verirrter Zeitmaschine. Aber wo man gerade noch denkt, man habe es vielleicht mit Leuten zu tun, die in Büchereien und Pfeifentabakläden arbeiten, um abends mal ein ordentlich lahmes Brett zu spielen, ist man im nächsten Moment bereit, an Verschwörungen zu glauben: Auftritt Flare Acoustic Arts League, die zweite Band des Abends, die nur auf Del Deo verzichtet und den Rest mit zwei ominösen Bartträgern ergänzt.
Der eine der Bärtigen nennt sich LD Beghtol und ist vermutlich ein unehelicher Enkelsohn von Buddy Holly, der hoffentlich gleich seinen Bart abnimmt, weil er falsch ist. Ist er aber nicht. Ganz ernst kann das jedenfalls nicht gemeint sein, was da auf der Bühne zum Besten gegeben wird – Beghtol versucht sich als Crooner, der Morrissey den Bart bieten will, es aber kaum schaffen würde, all den Tomaten und Eiern auf dem Jahrmarktskonzert oder abends im Saloon irgendeines Südstaatenkaffs auszuweichen. Privat macht er irgendwas in Kunst und hat einen Reader zu den „69 Love Songs“ von den Magnetic Fields geschrieben. Man kann nicht sagen, dass diese eine Spur zu listig-ironische Country-Version schlecht ist. Skurril ist sie allemal.
Maria Taylor schließlich, die einzige, die sich bislang noch nicht auf der Bühne hat blicken lassen, schraubt das Niveau gleich mit dem ersten Stück um zwei Ligen nach oben. Der Schlagzeuger scheint ebenfalls aufzuatmen und sich erstmalig nicht zu langweilen. Die Bassistin entpuppt sich nun als Taylors Schwester Kate. Taylor macht Country-Rock mit Wurzeln in den Achtzigern, was bisweilen an Robin Beck erinnern lässt. Aber so schlimm ist es nicht: Es weht immer eine angenehme Gedämpftheit durch Taylors Songs, und eine Ahnung von Grooves und unkonventionellen Strukturen haben sie auch. Maria Taylor lebt ihre progressiv-elektronischen Momente allerdings weitgehend bei Azure Ray aus, dem Duo, das bei Saddle Creek veröffentlichen darf. Hier und heute ist sie die schwangere Countrysängerin aus Alabama: Das richtige für einen feuchtkalten Dienstag in einer wintermüden Stadt. RENÉ HAMANN
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