„Wir waren einen Tick zu früh“

Christoph Rieth Als Redaktionsleiter von „Giga Real“ prägte er eine jugendkompatible Politiksendung – die ARD und ZDF nicht wollten. Heute verantwortet Rieth den ARD-Online-Auftritt zu Olympia 2010

Sein Arbeitsplatz ist die Schnittstelle. Am Übergang des Frontalmassenmediums Fernsehens und den partizipativen Möglichkeiten des Internets. Das war schon 2004 so, als Christoph Rieth, heute 33, Moderator und Redaktionsleiter bei „Giga Real“ wurde. Beim mittlerweile eingestellten NBC-Tochtersender Giga produzierte er täglich ein einstündiges politisches Format, das von einer Generation, die gemeinhin als unpolitisch abgestempelt wird, dankbar aufgenommen wurde. Und das natürlich zielgruppengerecht interaktiv war: „Die Zuschauer konnten auf allen Kanälen mitmachen. Skype, Mail oder auch einfach im Studio vorbeikommen“, sagt Rieth.

Im Frühjahr 2006 war dann Schluss für „Giga Real“. Rieth und sein Team hatten damals fest damit gerechnet, bei den Öffentlich-Rechtlichen zu landen. Aber die Verhandlungen verliefen im Sande. „Ich glaube inzwischen: Wir waren einen Tick zu früh“, sagt Rieth rückblickend. „Die ziehen alle erst jetzt mit interaktiven Elementen nach, wie Maybrit Illner.“

Nach einem zweijährigen Zwischenspiel als Redaktionsleiter und Co-Moderator beim Politiktalk „Busch@n-tv.de“, wo er „sowas wie der Manuel Andrack war, ich habe die Community in die Sendung gebracht“ – klappte es dann mit den Öffentlich-Rechtlichen – natürlich wieder an der Schnittstelle. Seit 2008 ist Rieth Projektleiter des ARD-Onlineauftritts für die Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver.

In drei Jahren vom Ausprobiersender Giga in den Apparat ARD – ein Kulturschock? „Sie ist schon einfach riesig, diese ARD“, sagt Rieth. „Aber ich finde das eine tolle Herausforderung, man muss viele Dinge ganz anders denken.“ Außerdem sei die ARD online bei weitem nicht so verstaubt, wie viele denken.

Was nicht heißt, das alles super ist: „Dieser 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ – der aus Wettbewerbsgründen Beschränkungen der öffentlich-rechtlichen Onlineauftritte vorsieht – „blockiert uns gerade. Da bauen wir das weltweit größte Archiv zu den Olympischen Spielen auf – und ich darf die Beiträge nur 24 Stunden zeigen.“

Was Christoph Rieth nach Vancouver macht, weiß er noch nicht. „Der Job macht mir Riesenspaß, weil ich sportbegeistert bin“, sagt er. „Aber ich vermisse die Politik schon ein wenig.“ Moderieren wird er aber wohl nicht mehr. „Das ist auf Dauer nicht mein Weg. Dafür bin ich nicht kamerageil genug.“ MICHAEL BRAKE