Pikante Insel

Entgegen dem offiziellen China-Wahn fährt Hamburgs Bürgerschaft nach Taiwan, aber möglichst unbemerkt

Die Angelegenheit ist nicht ohne Pikanterie, und deshalb „haben wir das nicht groß kommunizieren wollen“, räumt Ingo Egloff (SPD) ein. Den Taiwan-Trip der Bürgerschaft nämlich, der gar keiner sein soll. Von einer offiziellen Delegation könne mithin keine Rede sein, wenn der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses der Bürgerschaft am 27. Mai gemeinsam mit seinen Gremiumskollegen Andreas Mattner (CDU) und Jens Kerstan (GAL) auf die Insel im Fernen Osten reist.

Die Sache gilt als heikel im Stadtstaat, der so nachhaltig von Wachstum durch Handel mit der Volksrepublik China träumt. Die soll ja bald auch deutsche Waffen kaufen – und über Hamburgs Hafen importieren – dürfen, wie SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern im Bundestag bekräftigte: Eine neue Außenpolitik, welche Taiwan mit nicht geringer Sorge erfüllt, betrachtet das Reich der Mitte doch das Eiland im Südchinesischen Meer als abtrünnige Provinz.

Und so waren es denn auch taiwanesische Kreise, die im Herbst vorigen Jahres an Hamburg herantraten mit der Frage, ob man denn überhaupt noch auf Wertschätzung rechnen dürfe. Aber ja, versicherten Senat und Handelskammer unisono, nachdem sie sich darauf besonnen hatten, dass drei große taiwanesische Reedereien regelmäßig von Kaohsiung, einem der weltgrößten Containerhäfen, ihre Frachter auf die Reise nach Hamburg schicken.

Also beschloss jetzt der Ältestenrat der Bürgerschaft, lediglich drei Wirtschaftspolitiker klammheimlich für eine Woche auf eine Goodwill-Tour zur Beschwichtigung besorgter Politiker und Manager zu entsenden. Auch das eigens konsultierte Auswärtige Amt habe keine Einwände erhoben, ist zu hören, obwohl die Bundesrepublik keine diplomatischen Beziehungen zu der Inselrepublik unterhält. Lieber zum großen Bruder in Peking. Sven-Michael Veit