„Endlich Gelegenheit zur Verteidigung“

Verwaltungsgericht weist Innenbehörde in die Schranken: Die Ausweisung eines als „Hassprediger“ beschuldigten Imams war fehlerhaft. Der Mann darf zur Klärung der Vorwürfe nun nach Bremen zurückkehren. Innenbehörde prüft weitere Schritte

bremen taz ■ Die Bremer Innenbehörde hat gestern eine empfindliche Niederlage erlitten. Die Ausweisung der Ausländerbehörde gegen einen als Hassprediger beschuldigten Imam weist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Verfahrensfehler auf, da der Beschuldigte keine Möglichkeit hatte, sich zu den Vorwürfen gegen ihn zu äußern. Nun müsse der Mann, der von der Verfügung gegen sich bei einem Familienbesuch in Ägypten erfuhr, die Chance bekommen, sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen persönlich zu äußern. Dazu müsse ihm die Wiedereinreise gestattet werden. Die Innenbehörde will die Begründung dieser Entscheidung abwarten, bevor sie über einen Widerspruch vor dem Oberverwaltungsgericht entscheidet. Dazu bleiben ihr zwei Wochen Zeit.

In der betroffenen Abu Bakr Moschee herrschte gestern Zufriedenheit über die Gerichtsentscheidung. „Endlich wird unser Imam die Gelegenheit zur Verteidigung bekommen“, sagte Vorstandsmitglied Magdy Helal, der mit dem Prediger in telefonischem Kontakt steht. Die Moschee hatte die Darstellung der Innenbehörde stets bestritten, wonach der Prediger seit vergangenem Sommer bei zahlreichen Freitagsgebeten Antisemitismus und Djihad gepredigt haben soll. Ihm wurde vorgeworfen, in der Moschee durch insbesondere gegen die USA und Israel gerichtete Reden die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet zu haben. Vertreter der Moschee hatten dagegen stets von „Missverständnissen und unbegründeten Anschuldigungen Böswilliger“ gesprochen.

Tatsächlich scheint allein die Aktenlage die Richter nicht ausreichend von der Eindeutigkeit des Tatvorwurfs überzeugt zu haben. In diese Richtung jedenfalls geht die Feststellung der vierten Kammer des Verwaltungsgerichts, dass die Ausländerbehörde den Beschuldigten „aufgrund der schwierigen Sachlage“ vor einer Ausweisung hätte anhören müssen. Fraglich sei insbesondere, ob die den Vorwürfen zu Grunde liegende Textinterpretation der Freitagsgebete richtig vorgetragen wurde oder ob die auch hätten anders verstanden werden könnten – und also der Vorwurf der Hasspredigt möglicherweise nicht zutreffe. Die Richtigkeit der Vorwürfe zu überprüfen, war allerdings nicht Aufgabe des Gerichts.

Der Rechtsanwalt der Abu Bakr-Moschee, Eberhard Schultz, begrüßte die Entscheidung. Damit „dürfte der Versuch des Innensenators gescheitert sein, einen seit Jahren hier lebenden und arbeitenden Ausländer bei Nacht und Nebel seiner Rechte und Verteidigungsmöglichkeiten zu berauben“. ede