HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI
: Ein Trip mit Senta

Der Name des britischen Produzenten Harry Alan Towers, der seine Firma kühn „Towers of London“ nannte, versetzt Freunde des europäischen B-Films der Sechziger – dessen Einflüsse in jedem Tarantino-Opus aufflackern – in Verzückung. Towers adaptierte er für das Kino reihenweise Stoffe von Sax Rohmer und Edgar Wallace und versorgte das Publikum mit Reißern wie „Blonde Fracht für Sansibar“. Als „Peter Welbeck“ griff er auch selbst zur Feder.

Es war die Phase eines unbeschwerten Abenteuerkinos, das der exotischen Fremde mit naivem Blick begegnete. Autoren und Regisseure konnten sich allerhand leisten, weil ihre Kundschaft die Begegnung mit fremden Ländern noch im Kino suchte statt per Pauschalreise oder Billigflugstippvisite. „Marrakesch“ aus dem Jahr 1966 ist ein prächtiges Beispiel für dieses Genre. Farbenfroh schon der Auftakt, wenn auf dem Marktplatz ein Europäer inmitten von Einheimischen einer Musikgruppe lauscht, eben noch lächelnd das Geschick des Perkussionisten bewundert und im nächsten Moment erdolcht in sich zusammensinkt.

Später wird Tony Randall, so linkisch und geziert wie in der unvergessenen Sitcom „Männerwirtschaft“, die Leiche im Kleiderschrank seines Hotelzimmers finden und sich von Senta Berger überreden lassen, den Vorfall nicht der Polizei zu melden. Senta steckt mitten in einem Komplott, das mit Geheimdokumenten und viel Geld zu tun hat, was Verfolgungsjagden über die Dächer der Medina und durch die marokkanische Wüste mit sich bringt. Klaus Kinski wirft sich richtig rein, daneben agiert eine ganze Riege nobler britischer Charakterschauspieler, und man darf das Ganze sehr genießen, weil die damals beileibe noch nicht ausgerottete rassistische Perspektive hier gar ins Gegenteil verkehrt wird: Die Marokkaner bieten den Flüchtigen uneigennützig Obdach und Hilfe; die Schurkereien gehen meist auf das Konto von zugereistem Pack.

„Marrakesch“, Sa., 20.15 Uhr, BR