Familientreffen am Millerntor

KONGRESS Als erster Fußballverein überhaupt lud der FC St. Pauli zum Austausch über die eigene Zukunft. Dabei ging es nicht nur harmonisch zu

Strom aus regenerativen Energiequellen fließt ab sofort am Millerntor:

■ Durch eine Sponsorenpartnerschaft mit dem FC St. Pauli will die Nordland Energie Hamburger Strom- und Gaskunden gewinnen.

■ Dazu ködert Nordland – ein Verbund der Stadtwerke Kiel, Lübeck und Eckernförde – Pauli-Fans mit einem Bonus, fördert die Fußball-Ferienschule des Clubs und will aus seinen Verkaufserlösen soziale Projekte unterstützen.

■ Verein und Stromanbieter treten damit in Konkurrenz zu den in den Startlöchern stehenden Hamburger Stadtwerken „Hamburg-Energie“. Diese wurden von Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) ins Leben gerufen, um mehr Atom- und Moorburgfreien Strom in Hamburg an die Verbraucher zu bringen. (mac)

„Die St. Pauli-Familie ist wieder da“: Fast erleichtert fasst Sven Brux die Ergebnisse des ersten St. Pauli-Kongresses zusammen. Begonnen hatte dieses im deutschen Fußball einmalige Projekt für St. Paulis Organisationsleiter vor zwei Jahren, als ein Teil der Pauli-Fans öffentlichkeitswirksam gegen die vom DSF übertragenen Montagsspiele demonstrierte. „Da wusste ich“, sagt Brux: „Wir können jetzt ein kritisches Thema nach dem anderen abarbeiten, oder wir treten in einen umfassenden Dialog.“ Und zwar mit Ultras und Sitzplatzbesuchern gleichermaßen.

In der Tradition runder Tische diskutierten am Wochenende 200 Teilnehmer über Themen wie Sponsoring, Rechteverwertung, Spielansetzungen oder auch das Verhalten von Fans und Mitarbeitern. Neben etlichen Vereinsoffiziellen und Anhängern nahmen auch Vertreter der Wirtschaft und der Fußballverbände teil. Wie beispielhaft in der Arbeitsgruppe „Sponsoring“, wo Mitarbeiter des Vermarkters UFA-Sports und des Hauptsponsors B-win mit am Tisch saßen. „Wir haben festgelegt, was nicht geht, etwa Cheerleader und Maskottchen für kommerzielle Zwecke“, sagt Aufsichtsrat und Fan-Sprecher Roger Hasenbein. Außerdem müssen St. Pauli-Sponsoren ethischen Kriterien gerecht werden, die demnächst veröffentlicht werden.

Neben konkreten Maßnahmen wie dem Test eines Pfandsystems in der Südtribüne sollen die meisten Beschlüsse Eingang in ein „Leitbild“ finden, das jeden Fan, Spieler, Mitarbeiter und Sponsor des FC St. Pauli in Form einer Fibel ins zweite Vereins-Jahrhundert begleiten wird.

Begeistert von dem hohen Niveau der Diskussionen zeigte sich Thomas Schneider von der Deutschen Fußball Liga: In den Fußball werde „so viel Identifikation gepumpt. Das hier war ein gutes Beispiel dafür, wie Vereine davon etwas zurückgeben können“, sagte er.

Trotz aller Harmonie – kritische Töne blieben nicht aus: Bemängelt wurde etwa, dass das Präsidium sich in der Öffentlichkeit nicht deutlicher mit den Fans gegen die Stürmung der Fan-Kneipe Jolly Roger durch die Polizei solidarisiert habe. Das Präsidium kündigte ein Gespräch darüber an. RALF LORENZEN