KOMMENTAR: SVEN-MICHAEL VEIT ÜBER CARSTENSENS MORAL
: Heldentum nach Ladenschluss

Die hohe Kunst der Politik besteht darin, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu sagen

Er ist schon ein gewiefter Machtpolitiker, der Peter Harry Carstensen. Kaum hat er das Ende der Kieler Koalition sorgsam auf den gewünschten Neuwahltermin am 27. September hin inszeniert, schon fängt er an, Tacheles zu reden. Es hätte ihm schon vor dem Bruch auffallen können, dass die Sonderprämien für Nonnenmacher unmoralisch sein könnten.

Aber da war das noch nicht opportun. Denn die hohe Kunst der Politik besteht darin, das Richtige erst zum richtigen Zeitpunkt zu sagen. Bis zum vergangenen Donnerstag war in Kiel Koalitionskrampf – jetzt aber ist Wahlkampf. Dumm nur, dass Carstensen aus reinem Opportunismus das Falsche sagt.

Die paar Kröten für den Bankchef sind nicht unmoralisch im Vergleich zu den Summen, die sonst so in der Branche üblich sind. So wie der 50.000.000 Euro schwere goldene Handschlag für Porsche-Chef Wiedeking. Oder erinnert sich noch jemand an die zweistelligen Ackermann-Millionen? Oder an das „Peanuts“-Bonmot von Hilmar Kopper, der nun Aufsichtsratsvorsitzender der HSH Nordbank ist?

Zwar können auch Ministerpräsidenten nachträglich schlauer werden. Und wer bei Vertragsabschluss nicht aufbegehrte, darf nun zerknirscht einen Fehler eingestehen. Jetzt jedoch den moralischen Zeigefinger in die Luft zu erheben ist Heldentum nach Ladenschluss.

Aber jeder darf sich so gut lächerlich machen, wie er kann.