Es riecht wie Lagerfeuer im Görlitzer Park

HIPPIES WERDEN INDIETRÖPFE Am Freitagabend spielten Herman Dune ihren perfekten, aber etwas vorhersehbaren Folkrock im Festsaal Kreuzberg

Ein Mann mit Bart betrat die Bühne. Griff in die Klampfe und sang. Nach einigen Solonummern, die in der Art auch von Van Morrison oder David Blue hätten stammen können, leisteten dem Barden mit der Klampfe zwei freundliche Helfer Gesellschaft, sie spielten Bass und Schlagzeug. Zusammen nennen sich die drei Herman Dune. Sie sind unter jungen Berlinern und vor allen Dingen Berlinerinnen scheinbar sehr bekannt, denn diese füllten an einem Freitagabend gar zahlreich den gewittergeschützten Festsaal Kreuzberg, um dem Konzert dieses Trios beizuwohnen. Herman Dune haben viele, viele Platten veröffentlicht, zuletzt eine CD mit Namen „Next Year in Zion“ und die EP „On a Saturday“.

Früher haben Herman Dune noch Herman Düne geheißen, und sie waren auch mal zu viert, da neben dem bärtigen Sänger David-Ivar noch der nackenbehaarte André sang. Mit Schlagzeuger Neman Herman Düne waren also drei Brüder vereint. Plus nicht verwandter Bassist. Aber mit André Herman Düne, der nach Berlin abwanderte, verschwanden auch die Pünktchen über dem Namen, und kurz sah es sogar aus, als ob Andrés Abgang eine tragische Note bekommen hätte, denn zum Album „Giant“ bekamen Herman Dune einen Plattenvertrag bei einer großen Firma. Inzwischen nennt sich André Düne Stanley Brinks und macht die Berliner Antifolkszene rund um den Schokoladen und West Germany unsicher, und seine verlorenen Brüder, die alle, so vermutet man, aus Frankreich stammen und auch dort geblieben sind (nebenbei bemerkt sehen sie nicht wie Brüder aus), sind nach dem Verschwinden der großen Firma beim kleineren Label City Slang untergekommen. Nun ja, lange und komplizierte Geschichte.

Tal der Niedlichkeit

Die wesentlichen Schlagwörter sind aber schon gefallen. Sie lauten Frankreich, Antifolk, Van Morrison. Herman Dune machen seltsame Musik (Songtitel: „I Hear Strange Music“), die gar nicht so seltsam ist, sondern ziemlich traditionell klingt: Nämlich nach dem Folkrock der ausgehenden Sechziger- und beginnenden Siebzigerjahre. Mit leichtem Country-Einschlag. Man könnte auch sagen: Da sind Hippies am Werk, in ihrer Neugestalt als Indietröpfe. Was Herman Dune machen, klingt allerdings perfekt, und David-Ivar Düne hat eine herausragende Stimme. Ist das Schema aber durchschaut, ändert sich nicht viel. Jeder Akkordwechsel wird vorhersehbar.

Es wurde also nach einer Weile ein wenig öde, aller lustigen Verrenkungen des Trios zum Trotz. Das Set fing sich erst zum Ende hin wieder, als ein, zwei Stücke klarmachten, wohin die Reise für Herman Düne gehen könnte: keinesfalls tiefer ins belanglose Tal der Niedlichkeit, sondern besser, man verzeihe diesen auch recht höhenkranken Ausflug in die Metaphorik, in die felsigen Steilwände der Dramatik. Ein gutes, älteres Stück („Not on Top“), dann ein neues mit schönem Feedback, einem krumm gespielten Gitarrensolo und einem Schlagzeuger, also Neman Düne, der mal ein wenig aus seiner Haut durfte. Das war allerdings bereits die Schlussnummer, danach gab es Applaus, und nach dem Applaus ging es wieder von vorne los.

Ein Bier wäre gut

Es ist ja nicht so, dass man diese Musik, die immer nach Lagerfeuer riecht, wenn auch nach einem im Görlitzer Park gezündeten, nicht goutieren kann. David-Ivar Düne beherrscht sein Metier perfekt, und mit jüdisch-orthodoxem Bartwuchs und Altherrenhut sieht er schrullig genug aus, um ein Blickfang zu sein. Was aber die Spielregeln ihres Genres betrifft, so haben die Fleet Foxes die Latte hochgehängt. Vielleicht wagen Herman Dune ja noch mal was. Umziehen. Dramatik einbauen. Mal wieder ein Bier trinken auf der Bühne. Oder so.

RENÉ HAMANN