LESERPOST
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Der Schoß ist fruchtbar noch

■ Betreff: „Bis heute gilt der Radikalenerlass“, taz bremen vom 17. Januar

Bremen hatte mit dem Berufsverbot gegen Horst Holzer in dieser Frage eine Vorreiterrolle eingenommen, bevor der formale Erlass durch die Ministerpräsidenten kam. Und im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern ist hier der Umgang mit den Betroffenen nie angemessen verarbeitet worden. Außer einem in bester scherfscher Manier folgenlosen Bedauern durch den ehemaligen Bürgermeister sind real die Sanktionen bis in das Jahr 2011 fortgesetzt worden. Den in den Schuldienst zurückgekehrten Lehrkräften wurde – anders als beispielsweise in Niedersachsen – unter fadenscheinigen Begründungen die Wiederherstellung ihres ursprünglichen Beschäftigungsstatus verweigert. Das gipfelte in der Verweigerung einer materiell folgenlosen Anerkennung von Dienstzeiten zur Feststellung eines Jubiläumdatums mit der Begründung, dass die Betroffene aus eigenem Verschulden aus dem Dienst entfernt wurde. Selbst mit solch einfachen Symbolen ist die Bürokratie überfordert. Die verantwortliche Bildungssenatorin (...) rechtfertigte diese Begründung auch noch. Die (...) Finanzsenatorin reagierte anders, intervenierte und das Datum wurde (...) verändert. Der Vorgang dokumentiert in eindringlicher Weise den autoritären und tendenziell obrigkeitsstaatlichen Geist wesentlicher Teile der Bildungsbürokratie. Das lässt sich gut bei den Prozessen im Rahmen der Bildungsreformen belegen: Zentralistisch und immer mit Sanktionen gegen KritikerInnen drohend, werden die Vorhaben durchgesetzt. Wir erleben mit den Grundschulen ja gerade wieder ein gutes Beispiel. Es ist kein Zufall, dass SchulleiterInnen sich schwer tun, zu einzelnen Vorhaben auch öffentlich eine Position zu beziehen, dass junge KollegInnen fragen, ob sie denn während der Dienstzeiten zu Personalversammlungen gehen dürfen, das sind Folgen der undemokratischen Tradition der Berufsverbotepraxis in Bremen. So ist es gut, dass die politischen Entscheidungsträger den Erlass aufgehoben haben, bis der antidemokratische Geist aus den Amtsstuben verschwunden ist, wird es noch vieler Auseinandersetzungen bedürfen.

Helmut Zachau, Bremen