Scheitern ist absehbar

Hanns Nitsche findet Polizeikontrollen fragwürdig – wenn es sie denn überhaupt gäbe

„Jugendliche geben an mit ihren Säufergeschichten“ oder „Wer nicht trinkt, gehört nicht dazu“ und noch besser, „Jugendliche haben keine Kontrolle, wie viel sie trinken“ – das sind nur ein paar Klisches, die ich als Betroffener immer wieder um die Ohren geschlagen bekomme. Natürlich treffen sie in vielen Fällen zu. Aber aus dem Munde der Erwachsenen klingen sie für mich pauschalisierend und verletzend. Denn sind es nicht die Erwachsenen, die sich im Gruppenzwang ab und zu hoffnungslos betrinken? Welcher 30. Geburtstag wird nicht mit ordentlich Wein, Bier etc. begossen? Nun hat der Innensenator die Lösung gegen den jugendlichen Alkoholkonsum gefunden. Zwar geht es auch um Aufklärung. „Das alleine wird aber nicht ausreichen, um die Jugendlichen zu schützen“, lässt der Senator verkünden. Deshalb soll jetzt die Polizei kontrollieren. Wer drei- oder viermal beim Trinken erwischt wird, wird dem Amt für Soziale Dienste gemeldet, das sich um den „Säufer“ kümmern soll. Obwohl sich das Projekt schon seit einem Monat in einer Probephase befindet, ist bis jetzt nur ein Gespräch mit der zuständigen Fachabteilung geplant.

Ein weiteres Zeichen für mich, dass der Erfolg des Projekts nicht groß sein wird, ist seine erste Bilanz: Trotz Osterwiese hat die Polizei bisher nur 23 betrunkene Personen unter 18 Jahren registriert – sehr wenig, finde ich, wenn man die Augen wirklich aufmacht. Kein Wunder: Neulich sehe ich, wie nachmittags zwei Jugendliche, bestimmt noch nicht 16, mit jeweils einer Flasche Bier am O-Weg stehen. Ein Streifenwagen nimmt die beiden zur Kenntnis – und fährt weiter.

„Vorbeugen ist besser, als einen Jugendlichen im nachhinein mit dem Thema zu konfrontieren.“ sagt Tim, Schüler in Walle, den ich wenig später bei der Vorstellung des Mitmach-Parcours getroffen habe. Für mich hat dieses Projekt deutlich mehr Aussicht auf Erfolg, weil es hilft, einen eigenen und verantwortlichen Umgang mit Drogen zu finden. Hanns Nitsche