Berliner Energietisch

Energieversorgung in Bürgerhand – ein Volksbegehren soll die Rekommunalisierung einleiten

■ Wer den Berliner Energietisch bei der Durchführung des Bürgerbegehrens unterstützen will, kann zu den regelmäßig stattfindenden Treffen im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, kommen. Die Termine werden kurz vorher auf der Internetseite der Initiative bekannt gegeben.

■ Im Netz:

www.berliner-energietisch.net

■ Kontakt:

info@buerger-begehren-

klimaschutz.de

„Wir wollen eine Energiewende für Berlin“, sagt Stefan Taschner, Mitinitiator des Berliner Energietischs. Damit meint der Aktivist nicht nur eine dringend notwendige Wende hin zu erneuerbaren Energien, sondern auch, die Energieversorgung in die kommunale Hand zurückzuführen. Die Energieversorgung sei zu wichtig, um sie privaten Anbietern zu überlassen, sagt Taschner.

Aus diesem Grund setzt sich der Berliner Energietisch für die Gründung eines kommunalen Energieversorgungsunternehmens ein, das anstelle der privaten Energiekonzerne die Stromversorgung Berlins übernehmen soll. „Kommunale Stadtwerke sind oftmals Voraussetzung für eine bürgernahe, soziale und umweltverträgliche Energieversorgung“, sagt Taschner.

Hierfür gibt es in Deutschland bereits zahlreiche Beispiele: So beschloss beispielsweise die hessische Stadt Wolfhagen, bis 2015 ihren gesamten Strombedarf selbstständig und nur mithilfe erneuerbarer Energien zu decken. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Stadt das Stromnetz vom Netzbetreiber zurückgekauft und verschiedene Erneuerbare-Energie-Projekte geplant. Seit Januar 2008 liefern die Stadtwerke nun nur noch Strom aus 100 Prozent Wasserkraft. Aktuell plant sie einen Bürgerwindpark, bei dem die BürgerInnen der Stadt nicht nur bei der Finanzierung, sondern auch bei der Planung unterstützt werden.

Auch andere Orte wie das niedersächsische Dorf Jühnde, die nordrhein-westfälische Stadt Herten und die bayrische Hauptstadt München betreiben eigene Werke, um eine Versorgung mit ökologischer Energie zu gewährleisten und Ökostromprojekte zu unterstützen. Daran will man auch in Berlin anknüpfen: „Berlin braucht ein Stadtwerk“, so Taschner weiter.

Im April 2011 schlossen sich verschiedene Initiativen wie attac Berlin, BürgerBegehren Klimaschutz und Powershift zum ersten Berliner Energietisch zusammen, um ein Forum für die Realisierung eines kommunalen Stadtwerks zu schaffen. Anlass hierfür waren die auslaufenden Konzessionsverträge für die Berliner Energienetze mit Vattenfall und der Gasag. Für die Mitglieder des Energietischs ist die Neuausschreibung der Verträge eine gute Gelegenheit, die Energieversorgung nach 14 Jahren endlich wieder in die öffentliche Hand zurückzuholen.

Und so treffen sich seit April regelmäßig Berliner AktivistInnen aus zahlreichen Organisationen, um gemeinsam über die Gründung eines kommunalen Stadtwerks, die Rekommunalisierung des Stromnetzes und die Ausrichtung des Unternehmens zu diskutieren. Eine der wichtigsten Fragen, die sich die AktivistInnen stellen, ist die, wie Bürgernähe garantiert werden kann. Das will die Initiative zum einen durch ein Beratungsangebot erreichen. So soll das Stadtwerk BerlinerInnen Tips für die Sanierung ihrer Wohnung oder bei der Anschaffung eines neuen Kühlschranks geben. Zum anderen soll dies durch die Erfüllung sozialer Kriterien und durch Transparenz ermöglicht werden. Nach Vorstellung des Berliner Energietisches soll das Stadtwerk bezahlbare Tarife für alle BerlinerInnen anbieten und genau nachvollziehbar machen, welcher Strom da aus der Steckdose kommt. „Dadurch werden die Bürgerinnen und Bürger aktiver beim Klimaschutz einbezogen“, kommentiert Taschner.

Neben den theoretischen Überlegungen arbeitet der Berliner Energietisch auch praktisch an der Umsetzung des Stadtwerks. Mit einem Volksbegehren will die Initiative die Politik dazu bewegen, die Energieversorgung der Stadt zu rekommunalisieren. Die Vorbereitungen für das Volksbegehren sind fast abgeschlossen. Anfang Januar wurde der dem Begehren zugrunde liegende Gesetzesentwurf abgestimmt, ab Anfang Februar sollen die Unterschriften gesammelt werden. Der endgültige Entscheid soll dann 2013 pünktlich zur Bundestagswahl durchgeführt werden. Wie Taschner berichtet, sei man mit dem Vorhaben bei den Oppositionsparteien auf offene Ohren gestoßen. Gegenwind erwartet der Berliner Energietisch vor allem von den Energiekonzernen. „Wir sind auf alles vorbereitet“, sagt Taschner.

Ein Vorbild für das Berliner Volksbegehren ist Hamburg: Dort sammelte die dortige Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ im vergangenen Jahr 18.000 Unterschriften für den Rückkauf der Hamburger Netze. 2015 könnte das Netz zurückgekauft werden. LUKAS DUBRO