Urteil: Keine „allgemeine“ Wehrpflicht

Verwaltungsgericht Köln verweist Prüfung der Wehrgerechtigkeit nach Karlsruhe

FREIBURG taz ■ Die Wehrpflicht bleibt juristisch umstritten. Das Verwaltungsgericht Köln hat gestern das Bundesverfassungsgericht um Prüfung gebeten, ob derzeit die Wehrgerechtigkeit noch gewahrt ist.

Nach Auffassung der Kölner Richter besteht im Moment keine „allgemeine“ Wehrpflicht mehr. Heute würden nur noch „deutlich weniger als die Hälfte der für eine Einberufung in Frage kommenden jungen Männer“ zum Wehrdienst eingezogen. Das Verwaltungsgericht kritisierte, dass größere Gruppen von Wehrpflichtigen von vornherein von der Einberufung ausgenommen werden. Gemeint sind Männer, die älter als 23 Jahre alt oder verheiratet sind oder leichte Tauglichkeitseinschränkungen (Musterungsgrad T 3) haben.

Schon vor einem Jahr hatte das Verwaltungsgericht Köln die Wehrpflicht unter Verweis auf diese Wehrdienstausnahmen in Frage gestellt. Damals waren sie allerdings nur in einem Erlass des Verteidigungsministeriums enthalten. Als Reaktion auf den Kölner Vorstoß wurden die neuen Ausnahmen im September 2004 auch ins Wehrpflichtgesetz übernommen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sah deshalb im Januar dieses Jahres die Wehrgerechtigkeit gewahrt. Denn von den jungen Männern, die nach Berücksichtigung aller gesetzlichen Ausnahmen übrig bleiben, müssen tatsächlich fast 90 Prozent Wehrdienst leisten. Karlsruhe hat nun zu entscheiden, ob die Wehrgerechtigkeit schon dann gewahrt ist, wenn der Gesetzgeber den Kreis der einberufbaren Männer durch immer neue gesetzliche Ausnahmen reduziert. CHR